Insolvenzverfahren eröffnet Der Rettungsplan für den Suhrkamp-Verlag

Düsseldorf/Berlin · Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat ein sogenanntes Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. Das Unternehmen soll in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Minderheitsgesellschafter Barlach würde Sonderrechte verlieren.

Der traditionsreiche Suhrkamp-Verlag macht wieder von sich reden — und wie in den vergangenen Jahren zumeist: mit Neuigkeiten im Streit zwischen Ulla Unseld-Berkéwicz, die über die Familienstiftung 61 Prozent der Verlagsanteile hält, und dem Hamburger Medienunternehmer Hans Barlach, dem die restlichen 39 Prozent gehören. Das neue Kapitel vom gestrigen Tage heißt: Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet.

Bei einer Insolvenz muss das Unternehmen zahlungsunfähig sein, und/oder die Schulden müssten höher sein als das zur Verfügung stehende Firmenvermögen. Nach Information der Tageszeitung "Die Welt" sollen im August in der Kasse des Verlags drei Millionen Euro gefehlt haben. Das soll aus einer eidesstattlichen Versicherung von Geschäftsführer Jonathan Landgrebe hervorgehen. Der gerichtlich bestellte Sachwalter Rolf Rattunde wollte die Zahlen am Mittwoch nicht bestätigen. Allerdings räumte er ein, dass der Verlag derzeit keine Bankkredite bekomme; der laufende Geschäftsbetrieb sei aber gesichert.

Umwandlung in Aktiengesellschaft

Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung soll den Umbau von Suhrkamp sicherstellen. Nach den Worten des Düsseldorfer Rechtsanwaltes Frank Kebekus — er war im Mai von Suhrkamp als Generalbevollmächtigter eingesetzt worden — , ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr umkehrbar. Über den Insolvenzplan wird das Amtsgericht in Berlin-Charlottenburg vermutlich im Oktober entscheiden.

Ein entscheidender Punkt auf dem Weg in die Zukunft ist offenbar die geplante Umwandlung von einer Kommandit- in eine Aktiengesellschaft. "Dadurch werden alle Querelen, die durch die Mitgesellschafter von außen in den Verlag mit seinen operativen Geschäften herangetragen werden, vermieden", sagte Kebekus gestern unserer Zeitung.

Das heißt im Klartext: Die Medienholding von Barlach wird, wenn der Plan genehmigt wird, Sonderrechte verlieren. Dabei geht es unter anderem um Autorenrechte, um die Beteiligung an wesentlichen Entscheidungen des Unternehmens und die Bestellung eines Finanzvorstands innerhalb der Geschäftsführung. Entsteht eine Aktiengesellschaft, dann würde ein Vorstand eingesetzt, dessen Arbeit wiederum von einem Aufsichtsrat überwacht würde. Über dessen Berufung müssten die Aktionäre entscheiden. Bisher führt Ulla Unseld-Berkéwicz das Geschäft des Verlages. Alle Mitwirkungs- und Einflussrechte der Gesellschafter ergäben sich künftig aus dem Aktienrecht. Theoretisch wäre auch ein Verkauf von Anteilen an dem Verlag vermutlich leichter. Auf jeden Fall soll mit Hilfe des Insolvenzverfahrens erst einmal Ruhe einkehren, vor allem in der direkten Konfrontation der beiden Gesellschafter.

Neue Planungsfreiheit

Die Medienholding von Hans Barlach — der ein Enkel des Bildhauers Ernst Barlach ist — soll sich gegen den Insolvenzantrag ausgesprochen haben. Zudem hat Barlach immer wieder bestritten, dass dem Verlag überhaupt die Insolvenz drohe. Diese sei nach seinen Worten vielmehr leichtfertig und vorsätzlich herbeigeführt worden. Um diesen Schritt noch abzuwenden, hatte seine Medienholding sogar Hilfe angeboten, drohende Liquiditäts-Engpässe zu überwinden.

Der Suhrkamp-Verlag ließ am Mittwoch erlauten, die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft gewähre dem Verlag sowohl neue Handlungs- als auch Planungsfreiheit. "Damit verbunden ist der Erhalt sämtlicher bestehender Arbeitsplätze", hieß es aus der Zentrale. Und im triumphierenden Ton wird ergänzt, dass die Medienholding, die sowohl das Insolvenzverfahren als auch die Eigenverwaltung zu verhindern gesucht habe, mit der Entscheidung des Amtsgerichtes "vollumfänglich gescheitert" sei.

(RP)
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