Bildband porträtiert Hundertjährige Das Leben hat Spuren hinterlassen

Düsseldorf (RPO). Diese Falten. Sie ziehen sich durch das ganze Gesicht. Und der Betrachter gewinnt den Eindruck, als ob jede einzelne ein Erlebnis dokumentiert. Der Fotograf Karsten Thormaehlen hat Menschen porträtiert, die hundert Jahre oder älter sind. Herausgekommen ist ein Buch, das ungemein viel über das Leben erzählt – und spannender kaum sein könnte.

Düsseldorf (RPO). Diese Falten. Sie ziehen sich durch das ganze Gesicht. Und der Betrachter gewinnt den Eindruck, als ob jede einzelne ein Erlebnis dokumentiert. Der Fotograf Karsten Thormaehlen hat Menschen porträtiert, die hundert Jahre oder älter sind. Herausgekommen ist ein Buch, das ungemein viel über das Leben erzählt — und spannender kaum sein könnte.

Wer damit beginnt, in dem Band "Mit hundert hat man noch Träume" zu blättern, kann nicht mehr aufhören. Groß schauen einen die Gesichter der Männer und Frauen an und jedes erzählt von einem eigenen Jahrhundert. Hundert Jahre, in denen Liebe, Krieg, Erfolg oder auch Träume ihre Spuren hinterließen. In kurzen biographischen Anrissen erfährt der Leser mehr über die Porträtierten. Immer wieder schaut man in das Gesicht, zurück in den Text, wieder ins Gesicht.

Zum Beispiel das von Elfriede Brüning, geboren am 8. November 1910. Sie hat das Kaiserreich unter Wilhelm II. miterlebt, die Weimarer Republik, den Faschismus und die DDR. Im Dritten Reich wurde sie wegen Landesverrats verhaftet und erst zwei Jahre später freigesprochen. Sie daraufhin als Mitglied der Kommunistischen Partei versucht, den Sozialismus zu verwirklichen. Später sah sie auch die DDR scheitern. Noch immer wirkt ihr Blick kämpferisch.

Die meisten sehen jünger aus

Was über die "Jahrhundert-Menschen" zu erfahren ist, lässt einen staunen, frösteln, lachen oder auch traurig werden. Wenn Katharina Schwinger etwa erzählt, dass sie alleinstehend ist. Geheiratet hätte sie schon gerne, aber ihr Liebster starb 1928 an einer Blutvergiftung.

Beeindruckend ist der Ausdruck von Erwin Häuseler, geboren am 30. März 1909. Auf dem Foto im Bildband lacht er, die Augen blitzen schelmisch. 1930 war er einer der Besten beim legendären Radrennen "Rund um Berlin". Das passt, denkt man sich. Ein sportlicher Typ ist er bis heute. Die hundert Jahre nimmt man ihm nicht ab. So wie den meisten, die in dem Buch zu sehen sind.

Eine Ausnahmeerscheinung

Das passt soweit auch zu den Erkenntnissen der Wissenschaftler, die sich mit dem Altwerden befassen. Noch immer gibt das den Forschern Rätsel auf. Aber dass Menschen, die in vorgerücktem Alter jünger aussehen, als es ihren tatsächlichen Jahren entspricht, eine längere Lebenserwartung haben als andere, ist ihnen bereits aufgefallen.

Noch immer sind Hundertjährige in unserer Welt eine Ausnahmeerscheinung, Besonders viele von ihnen gibt es in Japan. Berühmt ist dort das Dorf Ogimi auf der japanischen Insel Okinawa. Dort stehen fitte Hundertjährige im Garten und zupfen Unkraut, sortieren Obst auf dem Markt, fahren Rad oder spielen Kricket. 430 der insgesamt 3500 Dorfbewohner sind älter als 80 Jahre. Zwölf von ihnen haben die magische Grenze von 100 Jahren überschritten.

Das Geheimnis bleibt ungelöst

In ganz Japan steht die Quote der Hundertjährigen bei immer noch beachtlichen 18 von 100.000 Menschen. In Deutschland sind es gerade einmal zehn Personen. Aber der Trend zeigt nach oben. Wir werden immer älter.

Auch Thormaehlens Band befasst sich damit. Im Anhang befassen sich mehrere Texte mit dem Geheimnis des Alterns. Lösen können sie es auch nicht, weisen aber auf Schlüsselfaktoren hin. Ganz oben auf der Liste steht eine Gelassenheit, und die Fähigkeit, seine Bedürfnisse den eigenen Fähigkeiten anzupassen. Der früherer Radrennfahrer Erwin Häuseler ist inzwischen auf Schach umgestiegen.

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