60 Jahre nach Kriegsende "Das Buch Hitler" enthüllt Geheimakten

Berlin (rpo). Kaum jemand kam dem Diktator Adolf Hitler so nah, wie sein Kammerdiener Heinz Linge und sein persönlicher Adjutant Otto Günsche. Sie erlebten den Diktator als Regierungschef, sie erlebten ihn als Oberbefehlshaber der Wehrmacht und sie erlebten ihn kurz vor seiner Kapitulation. Kaum in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, wurden sie gezwungen, ihre Erinnerungen detailliert ausfzulisten. "Das Buch Hitler" veröffentlicht nun - 60 Jahre später - das Geheimdossier der sowjetischen Sicherheitsbehörde.

 "Das Buch Hitler" - Geheimdossiers des sowjetischen Sicherheitsdienstes. Quelle: ddp

"Das Buch Hitler" - Geheimdossiers des sowjetischen Sicherheitsdienstes. Quelle: ddp

Foto: ddp, ddp

Beide Männer kamen Anfang Mai 1945 in sowjetische Gefangenschaft und waren eine willkommene Beute für die Geheimdienste. Um den misstrauischen Diktator Josef Stalin mit Informationen über den untergegangenen Diktator Hitler zu versorgen, zwang die sowjetische Geheimpolizei NKWD die beiden Männer bis 1949, detaillierte Aufzeichnungen über Hitler zu machen. Der Druck auf die prominenten Häftlinge sei dadurch erhöht worden, dass man ihnen den Status als reguläre Kriegsgefangenen aberkannt habe. Knapp 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs gewährt dieses Buch Einblick in die Aufzeichnungen russischer Archive über Hitler.

"Für den Fall, dass sie sich weigerten, ihre 'Erinnerungen' zu Papier zu bringen, drohte die Staatsanwaltschaft, sie als Kriegsverbrecher anzuklagen", sagte Uhl. Vermutlich seien die Männer auch mehrmals ausgepeitscht worden, damit sie ihre Aufzeichnungen machten. "So enthält das Buch die Schilderungen zweier SS-Offiziere, die mit Hitler täglich zu tun hatten, ohne ihm jedoch menschlich nahe zu sein", sagte Uhl. Beide hätten Hitler bewundert und seien "gläubige Nationalsozialisten" gewesen.

Über die letzten Tage und Wochen Hitlers habe es bislang eine für Historiker "unbefriedigende Aktenlage" gegeben, sagte Mitherausgeber Henrik Eberle. In diese Lücke stoße nun "Das Buch Hitler". Die Aufzeichnungen seien von hoher Glaubwürdigkeit, da sie unabhängig voneinander entstanden und mit den Aussagen anderer Gefangener abgeglichen worden seien. Auch seien Zellenspitzel auf beide Gefangene angesetzt gewesen, die alles berichten mussten, was sie ihnen erzählten.

"Linges Stärke lag in der Wiedergabe von Alltagsbegebenheiten, während der fronterfahrene Günsche über einen ausgeprägten militärischen Sachverstand verfügte", sagte Eberle. Beider Aussagen könnten nun ein neues Licht werfen zum Beispiel auf Hitlers persönlichen Einsatz für den Bau von Gaskammern, aber auch auf sein Verhältnis zu Eva Braun.

Seit 1935 gehörte Linge dem Begleitkommando des Führers an, 1939 wurde er sein persönlicher Diener, später Chef des persönlichen Dienstes bei Hitler. Günsche kam 1936 ins Begleitkommando, 1943 ernannte ihn Hitler zum persönlichen Adjutanten. Nach kurzem Fronteinsatz war er ab Februar 1944 erneut persönlicher Adjutant. Beide waren in der Nacht zum 3. Mai in sowjetische Gefangenschaft gekommen.

Das Buch Hitler, Gustav Lübbe Verlag, 672 Seiten, 24,90 Euro
ISBN 3-7857-2226-5

(afp)
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