Bildband "Unter/Grund" zeigt U-Bahn-Stationen in Deutschland Eine Einladung zum Sehen

Wie bitte? Ein Bildband über U-Bahn-Stationen in Deutschland? Was klingt wie absurdes Theater, erweist sich als Neu-Entdeckung unserer Umwelt. Der renommierte Fotograf Micha Pawlitzki hat monatelang nachts den Untergrund der Republik in Augenschein genommen. Auch in Düsseldorf öffnet er dem Betrachter damit die Augen.

"Unter/Grund" entdeckt U-Bahnstationen neu
12 Bilder

"Unter/Grund" entdeckt U-Bahnstationen neu

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Wer an U-Bahn-Stationen denkt, denkt oftmals an Gewalt, bedrohliche Figuren, Dreck und Angst. Die Berichte über sogenannte "U-Bahnschläger", Diebstähle oder Übergriffe tun ihr Übriges. Städteplanern ist das mehr als bewusst. Sicherheit spielt für sie auch bei der Gestaltung von neuen Untergrund-Stationen eine zentrale Rolle.

Wie sehr sich dieses Ziel bereits im Hier und Jetzt niedergeschlagen hat, veranschaulicht der prächtige Bildband des schon mehrfach mit Preisen bedachten Fotografen Micha Pawlitzki. Mit seiner Kamera hat er zwei Jahre lang das deutsche U-Bahn-Netz bereist. "Ich kenne dadurch jede Station, jeden Treppenaufgang und jeden Verbindungstunnel in jeder Stadt", sagt er im Nachhinein.

Ein Nachtarbeiter

Gearbeitet hat er ausschließlich nachts. Und das mit Bedacht: Pawlitzki ging es darum, die Gestaltung der U-Bahnhöfe einzufangen. Menschen sind in seinen Aufnahmen nur höchst selten zu sehen. Wenn überhaupt, dann huschen sie nur als verwischte Silhouetten durchs Bild.

Dafür entfalten sich ganz andere Details, die dem Auge des Betrachters sonst entgehen würden. U-Bahnhöfe erweisen sich als raffiniert gestaltete Räume, inszeniert von Künstlern, Planern oder Architekten. Der Fotograf setzt ganz auf Symmetrie. Darin eingebettet sind Licht, Farben und eine futuristische Transparenz von einer eigenen Schönheit.

Gerhard Richter für 1,50 Euro

Seine Bilder sind eine Chance für den Betrachter, seine Lebenswelt im öffentlichen Raum neu zu entdecken: Als Brennpunkt für Kunst, Geschichte, als Imageträger der jeweiligen Stadt, aber auch als kulturellen Gemeinschaftsraum.

Pawlitzki weist darauf im Vorwort seines Bandes mit einem schönen Bonmot hin. Gerhard Richter, der am teuersten gehandelte Künstler der Gegenwart, sei nun mit dem Kurzstreckentarif der Duisburger U-Bahn für 1,50 Euro zu haben. Er hat den Duisburger U-Bahnhof König-Heinrich-Platz mitgestaltet.

Auch die Stadt Düsseldorf hat sich bemüht, den U-Bahnstationen das Bedrohliche zu nehmen. Sie sollen "zum Verweilen einladen und zur Stadt Düsseldorf passen: weltoffen, innovativ, anspruchsvoll und kreativ." Schon seit Jahren verfolgen Städteplaner durch bewusst anspruchsvolle Gestaltung das Ziel, den angstbesetzten Stationen im Untergrund öffentliches Leben einzuhauchen.

(pst)
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