Erster Asterix-Comic ohne Albert Uderzo "Asterix bei den Pikten": Die spinnen, die Schotten!

Kaledonien · Am Donnerstag erscheint "Asterix bei den Pikten" - zeitgleich in 23 Sprachen und einer Auflage von fünf Millionen Exemplaren.

Neue Zeichner zeigen Comic "Asterix bei den Pikten"
11 Bilder

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Sie sind zwar streitsüchtig und einer gelegentlichen Brachialgewalt nicht abgeneigt, sie sind dem Verzehr von Wildschweinen im allgemeinen und dem stimulierenden Genuss von Cervisia im Besonderen zugetan - doch gelten sie auch als frühe Ökologen (mit der Baumliebe von Idefix), als weise Mediziner (Miraculix), listige Krieger (Asterix) und Doping-Opfer (Obelix). Kurz und gut: Die Gallier sind ein Stück weit wie wir, auch wenn ihre Geschichte seit nunmehr 35 Bänden noch immer im Jahre 50 vor Christus spielt.

Heute kommt der neue Band mit neuem Schöpferteam (Text: Jean-Yves Ferri; Zeichnungen: Didier Conrad) — und siehe da, unsere stets unbeugsamen Gallier sind jetzt politisch auf der Höhe der aufgeklärten Zeit: "Für uns Gallier ist Recht auf Asyl kein leeres Versprechen", verkündet Majestix, der größte Häuptling aller Zeiten. Und Nutznießer ist ein kräftiger Pikte, den die winterlichen Stürme in einem Eisklumpen verpackt an den Strand des gallischen Dorfes spülten. So weit, so freundlich.

Der Pikte nervt

Das Dumme nur: Die gallische Damenwelt ist von dem rothaarigen Hünen in Schottenrock und mit geheimnisvoller Tätowierung mordsmäßig hingerissen. Also beraten die gallischen Jungs, wie der Konkurrenz beizukommen ist. Der Pikte nervt, heißt es bald unverblümt. Also, ab zurück in die frühere Heimat, und damit die Abschiebung auch erfolgreich ist, fahren Asterix, Obelix und Idefix gleich mit. Aber wohin? Der Pikte hat nämlich ein Sprachproblem und kann mit Hilfe eines miraculischen Elixiers nur komische Sachen von sich geben wie "Obladiii, obladaaa" oder "Jingle Bells". Das kann ja kein vernünftiger Mensch kapieren. Vielleicht kommt der Pikte von weit her; etwa aus Kleinbonum, behaupten einige (das ist das nächste Römerlager). Nein, nein, der Frauenschwarm kommt aus Kaledonien, später sollen die Menschen es Schottland nennen. Ein Häuptling ist er auch noch, und die Lage in seinem Dorf ohnehin verworren. Schließlich geht es um die Nachfolge des viel zu früh verstorbenen König Mac Niffizenz.

Wer den gesamten neuen Asterix in ein paar Zeilen erzählen und damit zum Verkaufstag schon verraten will, dürfte weder das Monster von Loch Ness verschweigen - das Obelix für einen Otter hält - noch den putzigen Publius Plusminus, ein Volkszähler, der aus der Natur seines wichtigen Berufes heraus am liebsten immer alle Gallier beisammen hat. Noch was vergessen? Sicher, das Piratenschiff (wird versenkt) und eine Römer-Legion (dito) sowie der Clan unseres gestrandeten Pikten mit der bildhübschen Camilla, Mac Mamah, Mac Ap und Mac Pomm. So, das ist es dann aber auch, und dazwischen ist dann nur noch die turbulente, verzwickte Geschichte, die so herrlich wie zu Uderzos und Goscinnys besten Zeiten ist. Das ist ja die hohe Kunst eines neuen Asterix-Abenteuers - exakt so zu sein wie alle früheren. Die eine oder andere Überraschung ist zwar erlaubt, aber das Wohlgefühl dieser gallischen Sagen auf obligaten 48 Seiten besteht in der Gewissheit, dass das Gute siegt und Troubadix der Mund gestopft wird. Diese schönen Gewissheiten sind der Zuckerrand unseres manchmal bitteren Lebens.

Dass unsere Welt danach bedarf, zeigen nicht allein die erfolgreichen Verfilmungen als Comic und Realfilm, sondern auch die Übersetzung der Abenteuer in über 100 Sprachen und Dialekten. Bis heute wurde 310 Millionen Asterix-Bände verkauft - davon allein 100 Millionen in Deutschland.

Doch ist der 35. Band kein Asterix-Aufguss und sein neues Schöpferteam keine kreativ hoch entwickelte Plagiats-Werkstatt. Jean-Yves Ferri und Didier Conrad haben ihre eigene Note hineingeschmuggelt, haben die Themen ein bisschen aufgefrischt - und dass dies am Ende nach wenig Mühe aussieht, ist vielleicht die größte Leistung.

Sehr hübsch ist die kleine Spielerei mit dem Namen der Pikten (lateinisch für "die Bemalten"). So gibt es auf Seite 34 eine heikle Unterwasserszene, die zu zeichnen, geschweige denn zu beschreiben nahezu Menschen-unmöglich ist. Also wird der Tauchvorgang mit Hilfe eines Piktogramms erläutert, auf dem Obelix, Asterix und das Monster zwar ziemlich beknackt aussehen, aber zeichnerisch hat man damit für einen Wimpernschlag zu den Gepflogenheiten des 21. Jahrhunderts aufgeschlossen. Eine kleine Pointe, mehr ist es nicht. Aber sie reicht, um zu demonstrieren, wie dürftig unsere funktionale Welt ist.

Da wir auf skandalöse Weise schon so gut wie fast alles verraten haben, können wir das auch beim Abschlussbild so beherzigen: Da gibt es eine große Feier der Gallier rund um ein großes Feuer, Obelix spachtelt nach Herzenslust, Troubadix ist geknebelt, und auf dem Baum sitzt der kleine Publius Plusminus und zählt streng römisch: "XXII, XXIII, XXIV..."

(los)
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