Der neue Asterix Die pinnen, die Römer!

Gallien · Am Donnerstag erscheint auch in Deutschland der neue Asterix. "Der Papyrus des Cäsar" handelt von römischer Geschichtsfälschung. Bis eine Art Julian Assange in der Figur des Polemix seinen Auftritt hat...

 Die unbesiegbaren Gallier beim heiteren Papyruslesen.

Die unbesiegbaren Gallier beim heiteren Papyruslesen.

Foto: 2015 Les Éditions Albert René

Wer etwas gegen Gewaltexzesse (insbesondere gegen Südeuropäer und Musiker), hemmungslosen Drogenkonsum (zur Leistungssteigerung) sowie ungesunde Ernährung (fleisch- und alkohollastig) hat, sollte erstens diesen Comic nicht und zweitens auch in diesem Beitrag keine Zeile weiterlesen. Weil es an dieser Stelle nicht politisch korrekt, sondern barbarisch heiter zugehen wird.

Der neue Asterix ist also eingetroffen, und wer glaubt, dass man darum nicht gleich so ein großes Bohei machen solle, spinnt oder ist Römer, was eigentlich das gleiche ist. Dabei beginnt der neue und 36. Band nahezu seriös: Cäsar hat sein Buch über den Gallischen Krieg vollendet und darin auch über Rückschläge im Kampf gegen die Unbeugsamen berichtet, die blöderweise ihrem Namen alle Ehre machen. Solche Wahrheitsliebe aber findet Syndicus - der windige Berater des Imperators - seinerseits ziemlich blöd und empfiehlt seinem großnasigen Dienstherrn, dieses Kapitel kurzerhand zu streichen.

Gesagt, getilgt - das geschichtsgefälschte Buch des römischen Kaisers kommt in den Handel, wird natürlich ein Bestseller und von den antiken Gazetten gefeiert. Doch die Streichung sickert durch; schlimmer noch: das letzte Originalmanuskript gelangt ausgerechnet in die Hände von Polemix, der "Kolporteur von Neuigkeiten" und derzeit Korrespondent der "Gallischen Revue" in Rom ist. Ziemlich billig ist es, hinter dem blonden Jüngling Julian Assange zu vermuten - dennoch: Es ist so.

Polemix jedenfalls wittert eine fette "Plaga Versus" (Schlagzeile) und setzt zur Ausweitung der Empörungszone auch die gallischen Ungebeugten in Kenntnis. Große Stimmung darauf im Dorf, und Big Boss Majestix sinnt sofort auf eine wortreiche Gegendarstellung. Doch bevor es komplett literarisch langweilig zu werden droht, muss Druide Miraculix sein Völkchen daran erinnern, dass doch nur Griechen und Römer Bücher pinnen und lesen; die Gallier aber der ausschließlich mündlichen Überlieferung vertrauen.

Also fliegen zeitgemäß die Fäuste, die römische Legionen mal unter Zuhilfenahme von Dope (Zaubertrank) dezimieren, mal aus urwüchsiger Kraft wie bei Obelix, der seit einem Unfall in Kindertagen gewissermaßen natur-stoned ist und bleiben wird. Der dicke Hinkelsteinlieferant im MSV-Trikot ist allerdings psychisch angeschlagen, seit er in seinem Horoskop - geboren im Zeichen der Eberesche - folgende Ratschläge um die Ohren kriegt: "Meiden Sie Konflikte. Mehr Selbstkritik. Weniger Wildschweine." Ein Schicksalsschlag, fraglos. Und so wird er schon von Gewissensbissen gepeinigt, wenn er wieder einmal einen Römer irgendwie zertrümmern muss.

Keine Sorge, dass alles sind Neben-Episödchen eines großen Epos, mit dem die gesamte römische Geschichtsschreibung mal wieder komplett neuformuliert werden muss und hier nicht verraten werden soll.

Das ist bei einer Geschichte, die sich vor allem um Wahrheit und Nachrichten dreht, keine Kleinigkeit. Aber wo wir schon einmal beim Medium sind: Polemix wie auch die Römer bringen eine neumodische und gewiefte Übermittlung von Kurznachrichten zum Einsatz; das sind Brieftauben, die mit ihren "Anhängen" nicht immer ans rechte Ziel kommen und für zusätzlich manche Verwirrung sorgen.

"Asterix im Land der Götter" in der dritten Dimension
7 Bilder

"Asterix im Land der Götter" in der dritten Dimension

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Nach "Asterix bei den Pikten" vor zwei Jahren ist Band 36 das zweite Heft vom Künstler-Duo Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad (Zeichnungen). Sie traten das Riesenerbe des 88-jährigen Albert Uderzo und René Goscinny - der bereits 1977 gestorben ist - an. Aber sie sind viel mehr als nur zwei Handlanger zur Produktion gelungener und somit gewinnbringender Plagiate. Die beiden Neuen sind bei den beiden Alten in die Schule gegangen, sind in ihre Fußstapfen getreten und dezent eigene Wege gegangen. Der Witz von Ferri ist etwas schärfer, sein Humor frischer; Conrad ist beim bekannten Ensemble ein guter Kopist und ulkiger Freigeist in der Schöpfung der neuen Figuren.

Und warum dieser historische Ausflug? Weil es am Ende dann doch wirklich rührend wird: mit dem letzten beiden Bildern, die sich - oh teuflischer Stilbruch - nicht der obligaten Fressorgie unter freiem Himmel widmen.

Nein, ganz am Schluss dieser 36. Heldengeschichte kommen wir tatsächlich in der Gegenwart an. Denn die wahre Geschichte der Gallier wird mündlich von Druide zu Druide weitergegeben. Und dann sitzt ein sehr lang- und weißjähriger Greis in einem Pariser Straßencafé zwei jungen Männern gegenüber. Die lauschen den unglaublichen Geschichten. "Hörst Du, Albert?", fragt der eine. "Großartig, René!", darauf der andere.

Es sind also Uderzo und Goscinny, denen die Asterix-Abenteuer eingeflüstert werden. Aus uralter Druiden-Quelle. Dieses Bild ist eine postmoderne Selbstbeglaubigung und tritt am Ende den Beweis an, das es Asterix und Obelix und all die anderen, das Dorf wie auch den Zaubertrank wirklich gegeben haben muss.

Unglaublich, aber wahr. Alles, alles wahr.

(los)
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