Schriftstellerin in Berlin beigesetzt Abschied von Christa Wolf

Berlin · Mehrere hundert Menschen haben in Berlin Abschied von Christa Wolf genommen. Die Schriftstellerin wurde am Dienstag im Beisein ihrer Familie, weiterer Angehöriger und zahlreicher Weggefährten auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Mitte beigesetzt.

Christa Wolf in Berlin beigesetzt
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Der Schriftsteller Volker Braun sagte in seiner Rede, Christa Wolf habe der deutschen Literatur wie wenige Würde und Weltbewusstsein gegeben. Christa Wolf war am 1. Dezember im Alter von 82 Jahren in Berlin gestorben.

Unter den Trauergästen befanden sich unter anderen Literaturnobelpreisträger Günter Grass, der Sänger Andrej Hermlin, die Politiker Wolfgang Thierse (SPD) und Gregor Gysi (Linke) sowie die Schriftsteller Christoph Hein und Ingo Schulze. Den Auftakt der Trauerfeier in der Kapelle des Friedhofs gestaltete die Schauspielerin Corinna Harfouch. Am Grab sprach die Pankower Pastorin Ruth Misselwitz.

Wolf galt als eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen der Nachkriegsgeschichte. Einem breiten Publikum wurde Wolf mit ihrem Roman "Der geteilte Himmel" über die Problematik des geteilten Deutschlands bekannt. Endgültig etablierte Wolf sich mit der Erzählung "Nachdenken über Christa T." von 1968. 1976 beteiligte sich Wolf an den Protesten gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann. Am 4. November 1989 trat sie als Rednerin bei der Großdemonstration gegen die Staatsführung auf dem Berliner Alexanderplatz auf.

Braun erinnert an Wolf als herzlichen Menschen

Braun erinnerte an den Menschen Christa Wolf, der "frei, herzlich und unbefangen" im Gespräch gewesen sei. "Es war ein liebevolles, tätiges, reiches Leben, und sie gab davon ab, wenn einer Mut brauchte oder einen Mantel", sagte er. Zugleich erwähnte der Dramatiker die zahlreichen Debatten, die um die Persönlichkeit der Künstlerin zu Lebzeiten entbrannt waren, nicht zuletzt, als 1993 ihre kurzzeitige, aber als harmlos eingestufte Mitarbeit für die DDR-Staatssicherheit zwischen 1959 und 1962 bekannt wurde. An Christa Wolf habe sich die Öffentlichkeit gerieben: "In ihr Fleisch schnitten die Schmähungen ein."

Zugleich erinnerte Braun an den Blick auf Wolf vor der Wiedervereinigung. Der "selbstgewisse Westen" sei für sie keine Alternative gewesen. "Man warf ihr das Hierbleiben vor: die doch so weit fort ging, bis in die Mythenwelt, in uralte Geschichte, an die Wurzeln des Unglücks, auf den Grund. Das war ihr fraulicher Mut. Sie ging bis an die Grenze, an der man sich selbst als Fremder entgegenkommt."

Enkelin würdigt schöpferisches Zusammenleben der Großeltern

Wolfs Enkelin Jana Simon zeichnete das Bild eines liebevollen Familienmenschen, der sich noch bis wenige Tage vor seinem Tod um das Wohlbefinden aller gesorgt habe. Mit Bewunderung schilderte sie die sechs Jahrzehnte währende Ehe von Christa und Gerhard Wolf. "Es war eine Beziehung, die durch nichts zu erschüttern war." Sie sei durch Arbeit, Respekt und Zuneigung miteinander verwoben gewesen.

"Es war eine sehr große lebenslange Liebe. Und es wird sehr schwer, euch nicht mehr als Paar zu denken." Beide hätten sich Kraft gegeben, gerade während der zu DDR-Zeiten mit Schriftstellerkollegen ausgefochtenen existenziellen Kämpfe. Sie beneide beide für die intellektuelle Lebensqualität in der damaligen Zeit, wenngleich sie für sich froh sei, dass sie die damit verbundenen Auseinandersetzungen nicht führen müsse.

Das überernste Bild, das die Öffentlichkeit von Christa Wolf gezeichnet habe, sei ihr nur unzureichend gerecht geworden, sagte die Enkelin. Wolf sei ein lebensbejahender und lustiger Mensch gewesen, "der triviale Fernsehserien und eine gut gemixte Margarita" sehr geschätzt habe. Simon schloss mit den Worten: "Sie fehlt".

(APD)
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