Köln Britpop wird grau, bleibt aber jung

Köln · Der Musiker Noel Gallagher trat vor 4000 Fans im Kölner Palladium auf.

Noel Gallagher entschied sich bei seinem Konzert im Kölner Palladium für eine faire Aufteilung: Er spielte zehn Songs von seinen beiden Alben mit den High Flying Birds und zehn Songs aus seiner Zeit mit Oasis. Die eigentliche Nachricht dieses großartigen Konzerts ist allerdings: Er hätte Oasis-Hits wie "Champagne Supernova" oder das obligatorische "Don't Look Back in Anger" vielleicht gar nicht gebraucht, um trotzdem einen denkwürdigen Abend zu bescheren.

Einen unwiderstehlichen Sog entfaltete nämlich schon der Einstieg, den Noel Gallagher ausschließlich mit Solo-Material gestaltete. "Everybody's On The Run" und "Lock All The Doors" sind drängender, zwingender, von einem simplen Schlagzeug-Motiv getriebener Britpop mit opulenten Klangschichtungen. Dazu gab es viel Rückenlicht und schnell geschnittene Videos von Autofahrten und Kamerafahrten durchs Weltall - Adrenalinbefeuerung und Dopamin-Ausschüttung für die Fans, die vom ersten Moment an ausgelassen feierten.

Sie feierten so ausgelassen, wie sie es wohl nicht mehr allzu oft tun. Beim Einlass konnte man eine Typenstudie durchführen: Wie altert eine Jugendkultur? Viele hatten sich mehr in die Britpop-Band-Shirts von damals gezwängt, als dass sie sie trugen. Die Gallagher-Frisuren mit nach vorne gekämmten Haaren zeigten oft graue Strähnen. Auch bei Noel selbst. Der wird bald 49, ist aber gut gealtert. Für den Part des distanzierten Rocker-Schönlings war bei Oasis stets Bruder Liam zuständig. Noel steht ihm in coolen, genuschelten Zwischenansagen in nichts nach, wirkt mit Knubbelgesicht und grauer werdendem Haar ansonsten aber entspannt.

Das darf er sein, denn das Palladium ist ausverkauft, obwohl der Engländer losgelöst von einer neuen Alben-Produktion auf Tour ist. Viele der 4000 Fans sprechen später von einem (weiteren) legendären Konzert. So gut habe man Noel selten gesehen. Ja, er hat Oasis' "Sad Song" zu schnell gespielt, aber "Half The World Away" war groß. Und die Solo-Stücke vom letzten Album "Chasing Yesterday" haben eine ganz eigene Qualität, eine hypnotische Kraft. Eigentlich muss sich niemand mehr eine Oasis-Reunion wünschen - Britpop lebt auch ohne sie weiter.

(RP)
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