CD-Tipp Brahms-Sonaten mit Widmann und Schiff

München · Der Klarinettist Jörg Widmann und der Pianist András Schiff haben eine vorzügliche CD mit Werken von Johannes Brahms und Widmann aufgenommen.

 Der Komponist Jörg Widmann.  Foto: Christopher Peter

Der Komponist Jörg Widmann. Foto: Christopher Peter

Foto: Christopher Peter

Klassik „Junger Freund, blasen Sie immer so wie heute, und die ganze Welt steht Ihnen offen.“ Dieses kapitale Lob zollte niemand Geringerer als Richard Wagner einem Musiker, der eine erstaunliche Karriere hinter sich gebracht hatte. Richard Mühlfeld war eigentlich zweiter Geiger in der Meininger Hofkapelle, doch sein Leben lang hatte er den Klang der Klarinette im Ohr. Das Instrument hatte er sich autodidaktisch beigebracht, und dann gelang ihm in seinem eigenen Orchester der Stuhl- und Pultwechsel – vom Hinterbänkler sozusagen in die Kabinettsriege. Wagner hörte ihn, als Mühlfeld bei den Bayreuther Festspielen im Jahr 1876 im „Ring des Nibelungen“ mitspielte.

Eine ähnliche, wenngleich von Anfang an doppelgleisige Ausbildung erlangte Jörg Widmann (1973 in München geboren). Mit der Klarinette begann er mit sieben, mit dem Kompositionsunterricht mit acht Jahren. Später wurden Hans Werner Henze und Wolfgang Rihm seine Lehrer. Heute ist er als Doppelbegabung weltweit gefragt. Eine neue CD des Labels ECM Records weist uns nachdrücklich auf diese zwei Kompetenzen hin.

Widmann musiziert gemeinsam mit dem großartigen Pianist András Schiff, beide kümmern sich hingebungsvoll und doch mit aller Vorsicht um die beiden späten Sonaten für Klarinette und Klavier von Johannes Brahms. Vorsicht bedeutet hier: Nicht zu viel Ton, nicht zu viel Euphorie. Überschwang liebte Brahms ohne Zweifel, doch manchmal wirkt er bei weniger diskreten Musiker wie ein digital gespeichertes Bild, bei dessen Bearbeitung auf dem Rechner die Farbskala bis zum Anschlag hochgezogen wird.

Zwischen diesen beiden Meisterwerken hören wir, was der Klarinettist Widmann als Komponist kann, und weil er Schiff als Interpreten hat, klingen die „Intermezzi“ für Klavier hinreißend. Natürlich winken sie zu Johannes Brahms hinüber, der ebenfalls „Intermezzi“ komponiert hat. So hängt denn wieder mal alles mit allem zusammen. Wolfram Goertz

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