Bestes deutsprachiges Romandebüt Die schöne Welt vom Weltraum aus

Monheim · Björn Stephan hat das beste Romandebüt des Jahres geschrieben. Dafür wird der 34-Jährige am 17. September mit dem Monheimer Literaturpreis des Ulla-Hahn-Hauses geehrt.

 Der Schrftsteller Björn Stephan.

Der Schrftsteller Björn Stephan.

Foto: Mario Wezel

Was für ein beknackter Titel! Denkt man. Weil der nicht so eingängig ist, und in der Buchhandlung traut man sich auch nicht, ihn laut zu sagen – also: „Ich hätte gerne den Roman ,Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau’.“ Das sagt wahrscheinlich niemand. Oder eben nur verdruckst. Dass dieses Debüt von Björn Stephan dennoch so ein Erfolg wurde, dürfte darum der Geschichte zu verdanken sein. Und das ist auf dem Marketing-getriebenen Buchmarkt doch ermutigend. Am 17. September wird Stephan für das beste Debüt des Jahres mit dem Monheimer Literaturpreis des Ulla-Hahn-Hauses geehrt. Der ist mit 10.000 Euro dotiert und wird diesmal auf dem Schiff „MS RheinFantasie“ verliehen.

Der 34-jährige Stephan ist Journalist und in Schwerin aufgewachsen. Beides hat Spuren im Roman hinterlassen mit seiner selbstgewissen, uneitlen Sprache und auch dem Schauplatz. Der ist zwar mit Klein Krebslow ein Ort, der auf keiner ostdeutschen Karte zu finden ist, für den aber der Schweriner Stadtteil Krebsförden Pate gestanden haben dürfte. Es ist 1994, und für einen 13-Jährigen, der dort in einer Plattenbausiedlung aufwächst, der wahrscheinlich schlimmste Ort überhaupt. In einem „alten, falschen Land“ aufzuwachsen und in einer ermatteten Familie, die in Zeitlupe zu leben scheint. Alles ist für einen wie Sascha Labude, der nirgends von niemandem ernsthaft bemerkt wird und der seinen Nachnamen immer mit „La Bude wie Pommesbude“ erklärt, eine Endstation und die Siedlung nur „ein Haufen Kacke“.

Das könnte man sicherlich vornehmer ausdrücken, doch besser würde die Lage dadurch auch nicht. Zumal zwei Stockwerke die Pawelke-Brüder wohnen, ausgemachte Neo-Nazis, denen man besser nirgendwo begegnet.

Aber dann kommt Juri in die Klasse, die eigentlich Jenni Köhn heißt, sich aber nach Juri Gagarin selbst umbenennt und über das Weltall so ziemlich alles weiß. Juri ist all das, was Sascha nicht ist, aber manchmal gerne wäre. Also mutig und selbstbewusst und unbestechlich. Als Sascha sie fragt, warum sie so viel übers Weltall wisse, fragt sie einfach nur zurück, warum er nicht so viel wisse. Darauf gibt es keine einfache Antwort. Allerdings beginnen damit gelegentlich kleine Liebesgeschichten. So genau sagt das Sascha natürlich nicht, sondern formuliert es lieber so: „Juri war auf andere Art episch.“

Doch ganz so schnurgerade läuft der Roman nicht. Eine Monsterkatastrophe ereignet sich, ein Auto geht in Flammen auf, es gibt Saschas Sammlung seltener Wörter, die nur in einer Sprache existieren und nur eine bestimmte Situation beschreiben. Wie das chinesische „Ling“, das allein für das Geräusch steht, wenn zwei Jadesteine aneinanderschlagen. Außerdem gibt es eine Liste mit tollen Dingen, die Sascha und Juri nie getan haben. Das alles ist wichtig in Saschas Leben und den Jahren nach der sogenannten Wende, in denen viel große Hoffnungen sehr klein werden.

Keine Frage, die Welt ist schwierig geworden. Nicht nur für Sascha, aber für ihn ganz besonders. Und dann stimmt es auch, dass nur vom Weltraum aus die Erde blau ist. Gar kein schlechter Titel also. Aber das weiß man erst hinterher. Auch das kann ja ein Anreiz zum Lesen sein.

Info Björn Stephan: „Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau“, Galiani, 343 Seiten, 22 Euro.

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