Sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche Bischof Ackermann tritt als Missbrauchsbeauftragter ab

Trier · Seit zwölf Jahren ist der Trierer Bischof Stephan Ackermann Missbrauchsbeauftragte der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Nach anfänglichen Erfolgen stand er zuletzt massiv in der Kritik. Es sei Zeit für einen Neuanfang, sagte der Sprecher der Betroffenenorganisation „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch.

 Der Trierer Bischof Stephan Ackermann.

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann.

Foto: dpa/Harald Tittel

(kna) Der Trierer Bischof Stephan Ackermann wird das Amt des Missbrauchsbeauftragten der katholischen Deutschen Bischofskonferenz zur Herbstvollversammlung in Fulda im September abgeben. Das teilte die Bischofskonferenz in Bonn mit. Es brauche möglichst bald eine neue und breiter aufgestellte Verantwortungsstruktur, damit die katholische Kirche in Deutschland der Vielschichtigkeit der Thematik des sexuellen Missbrauchs noch mehr gerecht werden kann, erklärte Ackermann laut Mitteilung.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, dankte Ackermann für dessen zwölf Jahre als Missbrauchsbeauftragter. Ohne das Wirken des Trierer Bischofs seien etwa die Interventions- und Präventionsordnung der Deutschen Bischofskonferenz und andere Dokumente nicht denkbar, inbesondere die 2018 veröffentlichte MHG-Studie zu sexuellem Missbrauch an Minderjährigen. „Mit ihrer nicht einfachen Vorgeschichte war es Bischof Ackermann, der wesentlich zur Umsetzung dieses für uns wichtigen und wegweisenden Forschungsvorhabens beigetragen hat“, betonte Bätzing.

Ackermann (59) hatte das neu geschaffene Amt 2010 übernommen. Damals hatte der Leiter des Berliner Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertes, den Missbrauchsskandal an der Jesuitenschule bekannt gemacht. Er löste damit eine Welle von weiteren Enthüllungen zu Fällen sexualisierter Gewalt in der Kirche und in anderen Institutionen aus.

Zuletzt stand der Trierer Bischof massiv in der Kritik, weil er den Klarnamen einer unter Pseudonym bekannten Betroffenen sexueller Übergriffe offen gelegt hatte. Die Frau aus dem Bistum Trier, die selbst Angestellte des Bistums ist, hatte als „Karin Weißenfels“ mehrfach von „geistlichem Missbrauch“ und sexuellen Übergriffen durch einen Priester vom Ende der 1980er- bis Anfang der 2000er-Jahre berichtet. Ackermann hatte ihren bürgerlichen Namen vor etwa 40 Mitarbeitenden des Bistums genannt. Er unterschrieb danach eine Unterlassungserklärung und bat die Frau um Entschuldigung. Betroffeneninitiativen und der Betroffenenbeirat der DBK hatten Ackermanns Verhalten kritisiert und ihm einen Rücktritt nahegelegt.

Ackermann ist seit 2009 Bischof von Trier. Als Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz war er federführend mit der Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche befasst. Gemeinsam mit dem damaligen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, erarbeitete er für die DBK eine 2020 verabschiedete Erklärung mit Kriterien zur strukturellen Aufarbeitung von Missbrauch in allen deutschen Diözesen.

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, betonte, die Beauftragung Ackermanns 2010 sei ein wichtiges Signal gewesen, das zu diesem Zeitpunkt so deutlich von keiner anderen Institution gekommen sei. Zugleich habe er durch sein Verhalten als Bischof in Trier viel Kritik auf sich gezogen. Ackermann habe entscheidend dafür gesorgt, dass Prävention und Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche vorangetrieben würden, sagte Claus. Seit 2010 wurden konsequent wichtige Schritte bei der verbindlichen Weiterentwicklung der Prävention und Intervention für alle Bistümer erreicht. Claus hoffe, dass nun mit Blick auf die Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche kein Vakuum entstehe, da ein Konzept zur Neuaufstellung erst im Herbst vorgestellt werden solle.

Der Sprecher der Betroffenenorganisation „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, sagte, es sei Zeit für einen Neuanfang. Die Schwächen, die bei Ackermanns Arbeit zutage getreten seien, fielen „auch in die Verantwortung seiner Mitbrüder, die ihn dafür beauftragt haben“, so Katsch auf Anfrage. Katsch erklärte weiter, es sei gut, dass Ackermann nach zwölf Jahren die Aufgabe als Missbrauchsbeauftragter abgebe. Gerade durch eigene Verstrickungen in den Umgang mit Fällen sexueller Gewalt in seinem Bistum sei das schon länger notwendig gewesen. Er hob hervor, dass Ackermann sich dem Austausch mit Betroffenen gestellt habe, „auch wenn das oft im Ergebnis folgenlos blieb“.

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