Würden Sie homosexuelle Paare derzeit segnen?
Debatte: Katholische Kirche und Homosexualität Bischof Dieser: „Ich habe viel dazugelernt“
Interview | Aachen · Man dürfe nicht darüber hinwegsehen, dass Homosexuelle auch durch die Kirche „abgewertet und kriminalisiert“ wurden, sagt der Bischof von Aachen. Und: Niemand dürfe mehr Angst haben müssen, aufgrund seiner sexuellen Orientierung in der Kirche seine Arbeit zu verlieren.
Es sind 125 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der katholischen Kirche. 125, die sich als als queer geoutet haben, die also nicht heterosexuell sind und die jetzt fordern, dass ihre Diskriminierung durch die Amtskirche ein Ende hat. Der Initiative „#OutInChurch“ haben sich Priester, Gemeinde- und Pastoralreferentinnen, Religionslehrer und Religionslehrerinnen zusammengeschlossen. Wie wird sich künftig die katholische Kirche zu queeren Menschen verhalten. Fragen an den Bischof Helmut Dieser, der seit sechs Jahren das Bistum in Aachen leitet.
Dieser Bislang habe ich es immer der Gewissensentscheidung der einzelnen Seelsorger überlassen, ob Sie segnen möchten oder nicht. Für die Zukunft möchte ich jedoch weiterkommen und für das Bistum auf einer Grundlage fußen können, die eine tragfähige Basis für die Entscheidung darstellt. Im Rahmen des Synodalen Weges wird ein solcher Beschluss erarbeitet, der dann von einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden muss. Diesen Beschluss werden wir dann in Rom vorlegen und abwarten. Umgekehrt gilt: Ein solcher Beschluss ist ja nicht nichts. Schließlich gibt es ein Lehramt der Bischofskonferenzen.
Was empfehlen Sie denn den Seelsorgern Ihres Bistums in dieser Frage?
Dieser Es bleibt derzeit dabei, dass jeder Priester nach seinem Gewissen entscheiden kann. Persönlich werde ich mich im Forum IV des Reformprozesses auf der Bundesebene weiterhin dafür einsetzen, dass sich die kirchliche Sexualmoral auch auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnis weiterentwickelt und wir die Erneuerung der Kirche weiter fortsetzen.
Verändert die Anerkennung queerer Menschen auch die Kirche selbst? Würden Sie diesen Schritt als einen wichtigen Baustein des Reformprozesses sehen?
Dieser Ich für mich habe in den vergangenen Jahren viel dazugelernt. In vielen Gesprächen mit unterschiedlichen Menschen, mit jungen Leuten – sei es beim Synodalen Weg oder im Bistum Aachen. Diese Begegnungen haben mich sehr berührt, und ich habe mich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wie wir als Kirche mit queeren Menschen umgehen. Wir sagen zwar, dass niemand diskriminiert werden darf. Dennoch fühlen sich viele ausgeschlossen. Das müssen wir überwinden. Ansonsten bricht der Dialog schnell ab und das darf nicht sein. Gerade wir als Kirche müssen doch ständig im Austausch mit der Welt bleiben. Das hat Kirche in 2000 Jahren immer wieder ausgezeichnet. Wir können nicht darüber hinwegsehen. Homosexuelle wurden auch durch die Kirche abgewertet und kriminalisiert.
Wie kann das Thema in der Weltkirche verhandelt werden; oder anders gefragt: Wie groß ist die Freiheit der Ortsbischöfe in dieser Frage?
Dieser Wir müssen in einer säkularen, pluralen Gesellschaft in Westeuropa das Evangelium vielleicht anders leben als in Osteuropa, Afrika, Lateinamerika. Wenn wir in Deutschland homosexuelle Partnerschaften segnen, müssen es nicht alle anderen auch so machen, aber wir hoffen auf Anerkennung, dass unser Weg katholisch ist. Andererseits darf Homosexualität in anderen Teilen der Welt nicht kriminalisiert werden.
Wie wichtig wäre es, auch eine Änderung des Arbeitsrechts anzugehen - und wie schnell könnte es möglich sein?
Dieser Wer in und für die Kirche arbeitet, darf keine Angst haben müssen, dass er aufgrund seiner sexuellen Orientierung seine Arbeit verliert. An einer Erneuerung des kirchlichen Arbeitsrechtes wird auch beim Synodalen Weg gearbeitet.