Literatur Bilker Hinterhoflesung mit Dichtung und bunten Collagen

Düsseldorf · Frauke Tomczak und Elisabeth Luchesi – die eine bildende Künstlerin, die andere eine Virtuosin des guten Klangs – waren in einem romantisch verwunschenem Hof an der Karolinger Straße zu erleben.

Die Untertreibung des Abends war gleich am Anfang zu hören: „Das ist ja kein so schlechter Ort!“ Gemeint war damit ein wunderbar verwilderter, romantischer Hinterhofgarten in Bilk an der Karolingerstraße, wo die Düssel die Häuser in gerade und ungerade Uferseiten teilt. Keine davon ist eine „schäl Sick“, beide sind gleichermaßen beliebt bei Anwohnern und denen, die als Gäste irgendwie einen Parkplatz ergattert haben. In dem romantischen Garten auf der ungeraden Seite fand die erste Sommerlesung des Kulturvereins „Solaris 53“ statt. Eigentlich ist man auf der Kopernikusstraße zu Hause, aber dort „ist es zu eng und man kann nicht lüften“.

Die Gastgeber boten ihren Besuchern kühle Getränke und Snacks. Man plauderte über die Hitze, über vergessenen Mundschutz und über das Dilemma, den knappen Krisen-Zuschuss des Kulturamts für die Miete statt für die Kunst ausgeben zu müssen. Dann kam der Auftritt für Frauke Tomczak und Elisabeth Luchesi, die eine bildende Künstlerin, die andere eine Virtuosin des guten Klangs. Nein, es ging nicht um Instrumental-Beherrschung, als die vielseitig aktive Frauke Tomzcak ans Mikrophon trat. Dem Gezwitscher der Düsseldorfer Gelbbandsittiche über dem Garten hielt sie menschliche Lautmalerei entgegen. Ihr Verein „Onomato“ in Flingern ist eine weitere durch Corona schwer gebeutelte Institution. Der Name steht als Kurzform für Onomatopoesie, was auf Griechisch „Wortbilden“ oder „Namengeben“ bedeutet. Lautmalerei kennt man aus dem Deutschunterricht, vor allem durch Ernst Jandls berühmtes Gedicht „Schtzngrmm“.

Tomzcak brachte hierzu einiges aus ihrem Dichter-Köcher in den Garten. Von einem „Spiritus absconditus“ etwa, der im Nebelwald herumgeistert. Und dazu auch Spielereien: „Jeder Satz muss sitzen. Muss er das? Und wenn er lieber steht?“

Frauke Luchesi, die zweite Künstlerin der nur mäßig besuchten Veranstaltung, ist Malerin und Ethnologin. Bei der Wanderung aus dem toskanischen Lucca in den Norden ist ihrer Familie, den Lucchesis, das zweite „c“ abhanden gekommen. Sie freut sich aber, hierauf angesprochen zu werden. Luchesis schöne Bilder und Collagen, die sie auf eine improvisierte Leinwand warf und erläuterte, sollten ausdrücklich keine Illustration des lyrischen Teils darstellen.

Eine dieser Collagen zierte auch die Einladungskarte. Mysteriös, vielleicht ein rot-weiß gestreifter Clown mit gelbem Schopf, eingepackt in eine Plastiktüte und zugeschnürt mit dem Ausriss eines Frauengesichts. Da blieb im Bilker Hinterhofgarten viel Raum für eigene und farbenfrohe Assoziationen. Und bei allen Zuhöreren außerdem der Wunsch, dass man diese tolle Kulturstätte doch auch künftig nutzen sollte. Egal ob mit Corona oder wegen oder trotz.

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