Berührend: Elton John in der Kölner Arena

Köln Bei der Herzschmerz-Ballade "Don't Let The Sun Go Down On Me" brechen in der Kölner Arena alle Dämme. Kein Ordner kann das euphorisierte Publikum aufhalten, nach vorn zu strömen und seinem Idol näher zu sein: Elton John, dem Paradiesvogel, der mit einem Best-of-Programm beglückt.

Das Außergewöhnliche an Elton John ist, dass sowohl seine Stimme als auch sein Klavierspiel wiedererkennbare Alleinstellungsmerkmale und seine Songs zeitlos sind. Wie jedes seiner Konzerte eröffnet er auch hier mit der pathetischen Prog-Rock-Nummer "Funeral For A Friend", die er als eigene Beerdigungsmusik für das legendäre Album "Goodbye Yellow Brick Road" von 1973 geschrieben hat. Und wenn er in die Tasten des Yamaha-Konzertflügels greift, ist man gleich drin in dem Kosmos aus vier Jahrzehnten Rock- und Popgeschichte. Die er ganz seriös, in einer schwarz-lila Smoking-Kombination, präsentiert. Aus dem Exzentriker ist ein solider Entertainer geworden.

Elton Johns Publikum ist – anders als bei vielen Altersgenossen, die derzeit touren – bunt gemischt. Weil seine Songs aus den 70er Jahren immer wieder funktioniert, mit Macht die Charts angeführt und für Fan-Nachwuchs gesorgt haben: "Candle In The Wind" zum Tod von Prinzessin Diana, "Are You Ready For Love", der Disco-Hit, der 2003 auf einmal wieder in allen Clubs gespielt wurde. "Candle In The Wind", die Hommage an Marilyn Monroe ist eine der wenigen Großtaten, die Elton John den 10 000 Besuchern am Abend verwehrt. "Are You Ready For Love" ist ebenso im Programm wie "Rocket Man", "Tiny Dancer", "Sacrifice" oder "Bennie And The Jets".

In Elton Johns Band agieren alte Bekannte: Gitarrist Davey Johnstone steht ihm seit 1972 zur Seite, Schlagzeuger Nigel Olsson sogar seit 1969. Den warmen Sound der 70er bekommen die Musiker trotzdem nicht hin – er scheint eine verlorene Kulturtechnik zu sein, die nur noch auf den alten Platten existiert.

Auch Elton Johns Stimme hat während der Eskapaden und Drogenentzuge in den 80er Jahren unüberhörbar gelitten. Aus dem lupenreinen Blues-Falsett ist ein tieferer, rauerer Ton geworden. Trotzdem ist das ungemein berührend, wenn er etwa "Your Song" anstimmt und auf einmal eine ungeahnte Intimität spüren lässt: Man wähnt sich allein mit einem romantisch Liebenden am Klavier, der sein Herz auf der Zunge trägt und seine Zärtlichkeit in die Tasten legt.

(RP)
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