Berlinale-Sieger "Mutter und Sohn"

Eine Frau tut alles, um ihren Sohn vor einer gerechten Strafe zu bewahren.

Das rumänische Kino hat inzwischen einen festen Platz auf den internationalen Filmfestivals. Cristian Mungius Drama "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage" gewann schon vor sechs Jahren die Goldene Palme von Cannes. Die Jury der diesjährigen Berlinale kürte Calin Peter Netzers Unfalldrama "Mutter und Sohn" zum Sieger. Mit dem Goldenen Bären im Gepäck reiste der Regisseur zurück in sein Heimatland, in dem immer weniger Menschen überhaupt ins Kino gehen, wie er sagt. Der Qualität dortiger Produktionen scheint das nicht zu schaden.

Es sind ernste, düstere, nah an der harten Realität angesiedelte Geschichten, die die rumänischen Filme erzählen. Dazu gehört auch Netzers Erzählung von einer schwierigen Mutter-Sohn-Beziehung in einer korrupten Gesellschaft. Im Mittelpunkt der Story steht die nicht mehr ganz junge Cornelia. Als der von ihr heiß geliebte und verhätschelte erwachsene Sohn Barbu bei einem Verkehrsunfall ein Kind tötet, setzt sie alle Hebel in Bewegung.

Um Barbu (Bogdan Dumitrache) vor einer Haftstrafe zu bewahren, spielt die neureiche Cornelia alle Trümpfe aus, die ihrer Meinung nach einer Oberschicht-Angehörigen zustehen. Sie versucht, Polizisten und Beamte zu bestechen und sogar die Nachsicht der in Armut lebenden Opferfamilie zu erkaufen. Was Cornelia aber nicht kaufen kann, das ist die Liebe ihres Sohnes. Der erweist sich als äußerst undankbar, scheint ohne die Hilfe seiner Mutter das eigene Leben aber auch nicht in den Griff zu bekommen.

Der Film des in Stuttgart aufgewachsenen Regisseurs rückt seinen Figuren mit einer ständig in Bewegung bleibenden, wackeligen Handkamera nah auf den Leib. Der Zuschauer ist mit dabei auf dem Polizeirevier und beim Amtsarzt, in der teuer ausgestatteten Wohnung von Cornelia und in der einfachen Behausung der Eltern des getöteten Kindes. Die Farben des Films sind dabei seltsam fahl und blass – wie das scheinbar blutleere Wesen des ewig fordernden und nie von sich aus aktiv werdenden Barbu.

Im Zentrum des Geschehens aber steht die halb trotzige, halb verzweifelte Cornelia. Luminita Gheorghiu, die bereits in "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage" zu sehen war, spielt diese Frau mit bewundernswertem Einfühlungsvermögen. Cornelia ist eigentlich kein sympathischer Charakter, und dennoch kann der Zuschauer ihre Beweggründe und Gefühlslage am Ende etwas mehr verstehen. Über eine persönliche Tragödie erzählt "Mutter und Sohn" die Tragödie einer Gesellschaft, die alle Menschlichkeit an Geld- und Machtgier verkauft. llll

(dpa)
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