Remscheid Bergische Symphoniker vor dem Aus

Remscheid · Das Orchester spielt nicht mehr. Mitten im zweiten Satz von Schumanns vierter Symphonie stoppt Peter Kuhn, Generalmusikdirektor der Bergischen Symphoniker, seine Musiker während des jüngsten Philharmonischen Konzerts. Stille im Remscheider Teo Otto Theater. Klingt so die musikalische Zukunft der überschuldeten Stadt?

Der wirkungsvoll platzierte Vorgeschmack auf ein kulturelles Leben ohne die Bergischen Symphoniker – das gemeinsame Orchester von Remscheid und Solingen – könnte bald Realität im Bergischen Land sein. Remscheids Oberbürgermeisterin Beate Wilding und ihr Kulturdezernent Christian Henkelmann haben das Orchester auf die Streichliste des zweiten großen Sparpakets der Stadt gesetzt. Aus wirtschaftlicher Not, wie beide argumentieren. Ein Sparvolumen von knapp 25 Millionen Euro muss die Stadt zusammenstellen, was ihr äußerst schwerfällt. Das ist aber verpflichtende Auflage der Bezirksregierung in Düsseldorf.

Remscheid gehört zu den Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die am Stärkungspakt Stadtfinanzen teilnehmen. Mit einschneidenden Sparmaßnahmen soll sichergestellt werden, dass Remscheid in ein paar Jahren wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen kann. Dafür muss das Orchester sterben. So sieht es zumindest derzeit aus.

Remscheid hat Erfahrung mit dem Mechanismus, wie aus kommunalen Finanzkrisen eine Krise der städtischen Kultur wird. Vor 17 Jahren, mit Beginn der ersten Finanzkrise der bergischen Städte, läutete schon einmal das Sterbeglöckchen für das Remscheider Orchester. Doch die Nachbarn Solingen und Remscheid fanden sich zusammen. Aus zwei städtischen Orchestern wurde ein bergisches Orchester. Die Fusion zählt zu den Erfolgsgeschichten in der Region. Für deutlich weniger Geld bekamen die Musikliebhaber in den Städten weiterhin ihr stolzes Programm aus Konzerten, Musiktheater, Auftritten in Stadtteilen und Besuchen in den Schulen. Keiner bestreitet, dass kaum ein zweites B-Orchester in Nordrhein-Westfalen so effektiv arbeitet. Aber in der Finanzkrise der Kommune zählen solche Argumente für die Mehrheit der Remscheider Politiker nicht viel. "Wir können uns ein Orchester nicht mehr leisten", sagen die Vertreter der reinen wirtschaftlichen Vernunft. "Kann sich Remscheid eine Zukunft ohne Orchester leisten?", fragt hingegen GMD Peter Kuhn.

Die Zukunft des Musiklebens im bergischen Städtedreieck wäre gesichert, wenn sich die Kulturpolitiker aus Remscheid, Solingen und Wuppertal vor einem halben Jahr auf eine Fusion der Bergischen Symphoniker mit dem Sinfonieorchester Wuppertal hätten einigen können. Das Land hatte für 120 000 Euro ein Gutachten spendiert, das allen Beteiligten einen Zusammenschluss empfahl. Doch die Fusion scheiterte grandios, weil vor allem Wuppertal den Schritt nicht wagte.

Die Solinger wollen "ihr" Orchester unter allen Umständen erhalten. Alle Parteien im Rat stehen hinter ihm. Über die Ankündigung der Remscheider, den Orchestervertrag zum Ende des nächsten Jahres kündigen zu wollen, zeigten sie sich einigermaßen entsetzt. Scheitert die Orchesterehe, steht auch Solingen ohne Symphoniker da. Die Missklänge zwischen den Partnern könnten im Augenblick kaum größer sein.

(RP)
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