Köln Begegnung mit noch immer "ziemlich besten Freunden"

Köln · Philippe Pozzo di Borgo und Abdel Sellou lasen in Köln.

Der Abend mit Philippe Pozzo di Borgo und Abdel Sellou zählte zu den Höhepunkten der Lit.Cologne. Nicht, weil es um überragende Literatur ging. Sondern, weil der Abend das Überwinden von Barrieren im Zusammenleben von Menschen beschwor. Die rund 1600 Besucher erlebten in der Oper zwei Männer, deren Leben ihnen von der Leinwand bekannt ist. Schätzungsweise 19 Millionen Menschen haben den Film "Ziemlich beste Freunde" im Kino gesehen. Es ist die Geschichte von Philippe Pozzo di Borgo und Abdel Sellou. Sie sind ein in jeder Hinsicht ungleiches Paar. Philippe ist nach einem Unfall beim Paragliding vom Hals abwärts gelähmt. Abdel ist ein Kleinkrimineller aus der Pariser Vorstadt. Philippe ist reich und gebildet. Abdel verfügt nur über die "mittlere Unreife" und hat ein eher gespaltenes Verhältnis zu Besitz und Eigentum. Abdel wird Philippes Pfleger. Der Film erzählt von ihrer Freundschaft.

Wie die beiden sich kennengelernt und aneinander gewöhnt haben, erzählten sie im Interview mit dem Fernsehmoderator Frank Plasberg. Abdel ist längst nicht mehr Philippes Pfleger. Freunde sind sie geblieben. Das konnte man in Köln erleben: Sie scherzten viel, flüsterten miteinander, neckten sich mit kleinen boshaften Bemerkungen. Die Lit.Cologne gestaltete den Abend mit Unterstützung der "Aktion Mensch" barrierefrei. Es gab zwei Gebährdendolmetscherinnen. Zusätzlich wurde alles, was auf der Bühne gesprochen wurde, direkt von Schriftdolmetschern umgesetzt und der Text auf eine große Leinwand projiziert.

Schauspieler Walter Sittler las abwechselnd aus di Borgos "Ziemlich verletzlich, ziemlich stark" und aus "Einfach Freunde" von Sellou vor. Inhaltlich haben die beiden Werke wenig gemeinsam. Abdel Sellou möchte deutlich machen, wer er vor seiner Zeit bei Pozzo war. "Außerdem wollte ich mich bei ihm bedanken. Womöglich wäre ich ohne ihn tot oder im Gefängnis." Sein Buch bezeichnete er als einen 250 Seiten langen Dankesbrief.

Philippe Pozzo di Borgo möchte einen Weg zu einer solidarischen Gesellschaft aufzeigen. Es könne nicht nur um Fitness und Leistung gehen. "Die Härte im Berufsleben und im Alltag macht die Menschen krank. Viele haben Angst, das alles nicht mehr schaffen zu können." Er wisse das, weil er täglich tausende Mails bekomme (die Adresse stand im Buch "Ziemlich beste Freunde"). Ihnen soll das neue Werk ein wenig helfen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort