BAP in der Lanxess Arena Wolfgang Niedeckens Kampf mit dem Kloß im Hals

Köln · Nach langer Pause trat BAP am Mittwochabend wieder in Köln auf – am 71. Geburtstag des Frontmanns, der genau ein Jahr später feierte als geplant. Wie der Abend lief.

 Wolfgang Niedecken war schon letztes Jahr 70 geworden – jetzt feierte er den runden Geburtstag auf der Bühne in Köln nach.

Wolfgang Niedecken war schon letztes Jahr 70 geworden – jetzt feierte er den runden Geburtstag auf der Bühne in Köln nach.

Foto: dpa/Oliver Berg

Das schönste Geschenk machte sich Wolfgang Niedecken an diesem Abend selbst: eine Geburtstagsfeier in der fast vollbesetzten Lanxess Arena in seiner Heimatstadt mit vielen Gästen und einer langen Reise durch seine endlose Songgeschichte. „Was soll das nur werden?“, fragt er gerührt nach dem starken „Aufwärmprogramm“ mit „Hück ess sin band in de Stadt“, „Jenau jesaat: Op Odyssee“ und „Waschsalon“, als die ganze Arena „Happy birthday“ anstimmt. „Passt auf, meine Sentimentalität ist proportional zur Anzahl meiner Enkel“. Niedecken fürchtet den Kloß im Hals. Die Band hätte sich tierisch auf das Konzert gefreut, „endlich können wir Euch sehen“. Die Freude sieht und hört man den ganzen Abend. Niedecken und die famose Band spielen auf höchstem Niveau.

Der Frontmann lässt seinem Ensemble viel Raum für Soli und neue Ideen für alte Songs, die dadurch eine völlig neue Farbe bekommen – etwa durch die dreiköpfige Bläsercombo mit Axel Müller (Saxophon), Christoph Moschberger (Trompete) und Johannes Goltz (Posaune), die von Anfang an einen sonoren Big Band Sound beisteuern. Allein Schlagzeuger Sönke Reich und Gitarrist Ulrich Rode, der Multiinstrumentalistin Anne de Wolff, die BAP-Alben „Lebenslänglich“ und „Alles fließt“ produziert hat, hätten den Besuch des Konzerts gelohnt. Niedeckens riesiger Fundus an alten und neuen Songs wirkt klanglich und inhaltlich wie aus einem Guss. Zu gesellschaftskritischen Klassikern wie „Absurdistan“ und „Sendeschluss“ sagt er: „Leider stimmen viele Sachen immer noch.“

Alles geht an diesem Abend, und irgendwie passt bei Niedecken alles zusammen: Politik und Party, Reggae und Rock, Geburtstagsständchen und Geißbockheim – inklusive Verbeugung vor den „Wahnsinnigen“ in der Südkurve und FC-Trainer Steffen Baumgart. Er bekommt das alles authentisch unter den einen Hut, den er den ganzen Abend trägt wie eine Country-Legende. Er weiß, was die Kölner Seele braucht. Er weiß aber auch um den „Seiltanz“ beim Programm: Freude und Feiern ja, aber „wir sind mit Corona noch nicht fertig“, sagt er. Er spricht vom Krieg in der Ukraine, rechnet mit „Erpresser“ und „Diktator“ Wladimir Putin ab und fordert auf, solidarisch zu sein. Seine „neuen Helden“ seien die Menschen, die in Russland gegen den Krieg demonstrieren.

Der Blick zurück beginnt im Jahr 1973 mit „Volle Kraft voraus“: „Wir waren glücklich“, sagt Niedecken, und er ist es an diesem Abend wieder. Der „Liebeslieder im Sitzen-Block“ bringt die gerade noch tobende Halle zur Ruhe, Niedecken erzählt und singt von der Familie, von der Runde mit seinem Sohn im Kinderwagen, der er den Song „Alexandra, nit nur du“ verdankt. Er genießt die Auftritte seiner Gäste, Clueso ist für einen Song aus Erfurt gekommen. Dann will er wieder „ernster“ werden, spricht mit „Respekt“ von allen, die während Corona den „Laden am Laufen hielten“, singt mit „Ruhe vor dem Sturm“ und „Kristallnaach“ gegen Populisten und Nazis. Das Publikum singt am Ende minutenlang „Oh, wie ist das schön“. Niedecken belohnt die Gesangseinlage mit vielen Zugaben, darunter dem himmlischen „Du kannst zaubere“ und „Verdammt lang her“. Aber endlich wieder da – am 13. November auch in Düsseldorf.

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