„Bambi“-Premiere im Jungen Schauspiel Ein Kitz im Klimawandel

Düsseldorf · Starkes Ensemble: Bonn Parks vielschichtige Inszenierung „Bambi & Die Themen“ feierte im Jungen Schauspiel eine beeindruckende Premiere.

Eine zottelige Figur (Eva Maria Schindele, r.) diskutiert mit  Bambi (Ali Aykar) und seinen Freunde. 
  Foto: David    Baltzer/SSH

Eine zottelige Figur (Eva Maria Schindele, r.) diskutiert mit  Bambi (Ali Aykar) und seinen Freunde. Foto: David Baltzer/SSH

Foto: David Baltzer/DHaus

Jede Generation hat ihre Lieblinge – Bambi gehört zweifellos dazu. Als Zeichentrickfigur begeisterte das niedliche Rehkitz, das mit seinen Freunden im Wald Abenteuer erlebt, Kinder und so manchen Erwachsenen. Doch mit den von Walt Disney nach Felix Saltens Romanvorlage adaptierten, weichgezeichneten Figuren haben Bambi, Hase Klopfer und Stinktier Blume auf der Bühne des Jungen Schauspiels nicht mehr viel gemein.

In Bonn Parks neuem Stück „Bambi & Die Themen“ haben die drei ihre sorgenfreie Kindheit hinter sich gelassen und sind in der harten Realität angekommen. Ihr Zuhause, der Wald, ist längst abgebrannt, sie leben als WG in einem der Hochhäuser von Saurier City– Straßenschluchten und Betonwüste statt Wiesen und Wald. Viele Tiere sind bei dem großen Feuer qualvoll umgekommen, durch die Stadt streunen zottelige Dinos. So haben die drei nur noch sich und ihre Freundschaft.

Aus dem neugierigen Kitz ist ein grübelnder Teenager geworden, der sich Fragen über Fragen stellt, ohne wirklich Antworten darauf zu finden. Regisseur und Autor Bonn Park legt Bambi all das in den Mund, was junge Menschen heute beschäftigt. Umweltzerstörung, Klimawandel, Zukunftsängste, Hilf- und Sprachlosigkeit. Während Bambi rauchend die Hufe aus seinem WG-Fenster baumeln lässt und sich verzweifelt fragt: „Wieso brennt mein Wald, und wieso nehmt ihr das hin?“, kämpft das Stinktier Blume mit ganz anderen Dämonen. Es hat sich in seinem Zimmer eingeschlossen und versucht, sich umzubringen. Es fühlt sich in einem Albtraum gefangen und glaubt, alle würden es hassen, weil es immer so stinkt.

Auch Klopfer hat so seine Probleme. „Warum kotzt mich alles nur noch an?“, wundert sich der Hase, der doch eigentlich ein frecher Typ und immer gut drauf gewesen ist.

Über allem schwebt eine namenlose, von Eva Maria Schindele gespielte zottelige Figur, die der Regisseur schlicht mit drei Fragezeichen bezeichnet. Sie stellt die drei Freunde ständig infrage und versucht, ihre Absichten ins Gegenteil zu verkehren. Etwa, wenn sie Klopfer sagt, er solle nicht mehr versuchen, immer das Richtige zu tun.

Bonn Park legt dem Ensemble Dialoge in den Mund, ohne zu werten. Sie sind Impulsgeber und Gedankenanstöße. Diese kritisch einzuordnen, überlässt er dem Publikum. Das findet sich vor allem in Bambis Monologen wieder, nickt mal wissend, mal schmunzelnd, während ihm bei manchen Szenen das Lachen im Halse stecken bleibt.

Park hat ein starkes Ensemble auf die Bühne gebracht, allen voran Ali Aykar als Bambi und Felicia Chin-Malenski in der Rolle des liebenswerten Stinktiers Blume. Das rund 90 Minuten lange Stück schöpft die Facetten der Darstellung aus. Das von Paula Wellmann mit Liebe zum Detail entworfene Bühnenbild wird ergänzt durch Sound- und visuelle Elemente, Videoprojektionen und Darsteller, die als Marionettenspieler ihren Figuren ein zweites Ich und so noch mehr Komplexität geben.

„Bambi & Die Themen“ ist kein einfaches Stück für eine Zielgruppe ab 15 Jahren, und doch holt Bonn Park sein Publikum genau da ab, wo es in einer modernen, digitalen und medial überfluteten Welt steht. Dafür wurden er und das Ensemble bei der Premiere mit minutenlangem Applaus belohnt.

Info Das Stück ist noch bis 2. November im Jungen Schauspielhaus zu sehen. Termine und Karten unter www.dhaus.de.

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