Düsseldorf Auktionshaus: Kunst ist eine eigene Währung

Düsseldorf · Zeitgenössische Werke sind gefragter als die Alten Meister. 2014 setzt das Dorotheum in Düsseldorf auf ZERO-Künstler.

Die Preise steigen, die Millionenzuschläge mehren sich, der Kunstmarkt boomt. Ein Ende ist nicht in Sicht. Immer mehr Reiche verlegen sich bei der Kapitalanlage auf Kunst angesichts der schwindenden Zinsen, die eine traditionelle Geldanlage beschert. Dabei ist der Markt voller Überraschungen.

Eine Verschiebung in Richtung Auktionshandel stellt Petra Schäpers fest, Kunsthistorikerin und Repräsentantin des Wiener Dorotheums in Düsseldorf. "Auktionen sind lange nicht mehr nur eine Quelle für Profis", sagt sie, "sondern auch gut informierte Sammler, die wissen, was sie suchen, kaufen heute auf Auktionen, zumal sie durch ihr Gebot den Preis mitbestimmen können." Schnelligkeit und Transparenz zeichneten den Auktionsmarkt aus. Am Tage danach sind die Ergebnisse für jedermann weltweit zugänglich.

Das teuerste Kunstwerk auf deutschen Auktionen des vergangenen Jahres überraschte allerdings selbst die Insider: Es war eine unscheinbare chinesische Porzellankanne, die den ersten Platz mit 2,8 Millionen Zuschlag besetzte. Eine weitere Überraschung war die Versteigerung in einem Internet-Auktionshaus: Ein Akt des Malers Egon Schiele wechselte für 1,6 Millionen Euro den Besitzer und landete unter den drei höchsten Verkäufen 2013. Internet-Auktionen sieht Schäpers eher kritisch. Sie ist davon überzeugt, dass dieses Schiele-Bild aus dem Jahr 1916 auf einer traditionellen Auktion weit mehr erzielt hätte.

Die Nachfrage ist größer als das Angebot. Schäpers sagt: "Die Leute wollen kaufen, aber die Sammler wollen lieber nicht verkaufen." Es gebe zwar im breiten Segment enorme Angebote – im hohen Segment sehe das ganz anders aus. "Das, was schon hinlänglich bekannt und verbreitet ist, will niemand haben. Die Highlights treiben den Markt. "

Im vergangenen Jahr haben sich die Begehrlichkeiten auf dem globalen Markt radikal verändert: "Die zeitgenössische Kunst hat Platz eins erfochten, die Alten Meister und das 19. Jahrhundert machen nur noch den kleineren Teil des Kuchens aus", sagt Schäpers, "der gesamte Block Moderne und zeitgenössische Kunst übernimmt immer mehr den Löwenanteil, wobei die Moderne von der zeitgenössischen Kunst zunehmend verdrängt wird."

Eine gute Arbeit aus der richtigen Schaffensphase des Künstlers mit großem Namen fällt in der Regel nicht durch. Je frischer ein Kunstwerk auf dem Markt ist, desto begehrlicher ist es. Der Erhaltungszustand ist wichtig und die Stellung des Werkes im Oeuvre des Künstlers. Ist es durch große Ausstellungen oder Literatur belegt? Kommt es aus einer klangvollen Privatsammlung? Überhaupt ist die Klärung der sogenannten Provenienz wichtiger denn je angesichts der jüngsten Kunstbeben in Deutschland – dem Fälscherskandal Beltracchi und dem Fall Gurlitt mit seiner teilweise unter NS-Raubkunst Verdacht stehenden Sammlung.

Die Preisfindung in einem seriösen Auktionshaus ist eine delikate Angelegenheit, die einerseits durch diese fachlichen Kriterien gesteuert und andererseits durch den Vergleich mit anderen Ergebnissen hergestellt wird. Zuvor muss die Einigung mit dem Einlieferer erfolgen. Am Ende bestimmt der Markt den Preis, denn es ist die Frage, wie viele Bieter sich darum streiten. Und nicht zuletzt ist es eine Frage, was gerade angesagt ist. "Auch die Kunst kennt ihre Moden", sagt Schäpers. Der Kunstcoup des Jahres 2013 belegt dies: Für 142 Millionen Dollar (106 Mio. Euro) wurde ein unspektakuläres Triptychon ("Three Studies of Lucian Freud") des Malers Francis Bacon an einen anonymen Bieter versteigert und führt seitdem die Liste der teuersten Kunstwerke aller Zeiten an. Auf Platz zwei hat der Ire Pollocks Meisterwerk "No. 5" verdrängt.

Prognosen lassen sich im Kunsthandel nur schwer anstellen. Manche denken, der Tod eines Künstlers bringe unverhofften Erfolg. Das mag Schäpers nicht bestätigen. Seit den 1990er Jahren setzen viele auf die informellen Künstler wie K.O.Götz. Bis heute haben sich die Preise wenig bewegt. 2014 glaubt Schäpers an die ZERO-Gruppe, die durch eine große Herbstausstellung in New York geadelt wird. Günther Uecker, einer der ZERO-Protagonisten aus Düsseldorf, hat in sieben Jahren die Preise für seine Nagelreliefs verdoppeln können. Die strenge Kunst von Uecker, Mack und Piene könnte künftig ein noch größeres Thema werden, wenn Liebhaber und Wertanleger sich umgucken. "Kunst ist zu einer eigenen Währung geworden", sagt Schäpers, "die weltweit gilt."

(RP)
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