Aufwachsen in einer rauen Welt

"Beasts of the Southern Wild" erzählt mit ernstem Witz vom Erwachsenwerden

Im Universum hängt alles mit allem zusammen. Das Weltbild der kleinen Hushpuppy ist gleichermaßen komplex wie simpel. Sie lebt mit ihrem Vater in den Bayous Louisianas im Süden der USA, ständig bedroht von Stürmen und steigenden Wasserpegeln. Hushpuppy ist ein mutiges Mädchen mit entschlossenem Blick und Haaren, die ungekämmt zu Berge stehen. Ihr Vater ist krank, und so wie er vielleicht stirbt, stirbt auch die Welt um sie herum, die sie bisher wie ein schützender Wall vom Rest der Zivilisation getrennt hat.

Hier in Bathtub hat sich eine Horde Gestrandeter versammelt, die in alten Wohnwagen im Wald leben, abseits von Gesetz und Gesellschaft. Sie ernähren sich von Krebsen und Fischen, die sie mit der Hand aus dem Fluss fangen. Und von jeder Menge Bier.

Regisseur Benh Zeitlin hat für seinen poetischen, manchmal surrealen Debütfilm mit Laien gearbeitet, was die Geschichte in Verbindung mit den grobkörnigen Bildern authentisch und fast schon dokumentarisch wirken lässt. Zu Recht wurde "Beasts of the Southern Wild" auf unzähligen Festivals, unter anderem in Cannes und Sundance, ausgezeichnet.

Jene "Biester der südlichen Wildnis" sind jedoch nicht die Menschen, die hier im Chaos hausen, sondern jene Wesen, die Hushpuppy sich erträumt, eine Art Auerochsen aus dem ewigen Eis, die wie der näher kommende Sturm herantraben und sie zu verschlingen drohen. Sie flüchtet in die Welt der Fantasie, um den realen Gefahren zu entkommen.

Die damals sechsjährige Quevenzhané Wallis spielt das wehrhafte Mädchen, durch dessen Augen man den Untergang dieser Gemeinschaft erlebt. Sie kommentiert lakonisch die Ereignisse aus dem Off, mal altklug, mal weise, mal herrlich naiv.

Ihr Vater Wink (Dwight Henry), ein kranker Säufer, behandelt sie liebevoll erwachsen, dann wieder vernachlässigt er sie brutal und fühlt sich überfordert von der Verantwortung. Als die Polizei Bathtub evakuieren will, beginnt für Hushpuppy eine Odyssee, die sie nicht zurück zu ihren Wurzeln führt, sondern hinaus ins Leben. Doch auch dort wird sie sich behaupten.

"Beasts of the Southern Wild" erinnert an Spike Jonzes "Wo die wilden Kerle wohnen". Auch hier erträumt sich ein Kind eine Welt mit Ungeheuern, um die eigene Realität zu verdrängen. Doch Hushpuppys Welt ist nicht so schlecht, wie man vielleicht auf den ersten Blick meint. Auch wenn Schmutz und Armut regieren, findet sich in Bathtub eine solidarische Gemeinschaft, die so manchen Sturm überleben wird.

Am Ende ziehen die Kinder von Bathtub los, die Welt zu erobern. Sich ihnen anzuschließen, scheint nicht die schlechteste Option. llll

(RP)
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