Kunstmarkt in Corona-Zeiten Wie der Kunsthandel neue Wege sucht

Düsseldorf · Zahlreiche Kunstmessen wurden wegen Corona abgesagt. Kristian Jarmuschek, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler, ist dennoch zuversichtlich.

 Nach etlichen Absagen großer Kunstmessen ist man nun gespannt, ob die Art Cologne stattfinden wird.

Nach etlichen Absagen großer Kunstmessen ist man nun gespannt, ob die Art Cologne stattfinden wird.

Foto: dpa/Oliver Berg

Corona hat dem Kunsthandel ebenso zugesetzt wie anderen Branchen. Messen und Auktionen wurden verschoben oder sogar abgesagt, Galerien vorübergehend geschlossen, Sammler trauten sich zeitweilig kaum noch vor die Tür. Die Umsätze der Galerien, so heißt es in einer Analyse des Forschungsunternehmens Arts Economics, fielen im ersten Halbjahr weltweit um 36 Prozent.

Im Rheinland wartet die Kunstwelt nun gebannt auf die Eröffnung der Art Cologne, der vom 18. bis zum 22. November dauernden Traditionsmesse für moderne Kunst in Köln - wenn sie denn tatsächlich wie geplant stattfindet. Die Messegesellschaft hat sämtliche Vorkehrungen getroffen. Doch gegen eines sind die Veranstalter – wie zuletzt das Berliner Gallery Weekend zeigte – nicht gefeit: Wenn erst einmal Alkohol im Spiel ist und die Nacht zum Tag wird, kann ein solches Ereignis rasch zum Schauplatz eines Superspreading werden, eines Orts, von dem aus sich das Virus unerbittlich weiter verbreitet. Denn auch nach Messeschluss wird sich Geselligkeit einen Platz suchen.

Kristian Jarmuschek, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler, kennt das Dilemma: Erst in Gesellschaft wird der Umgang mit Kunst schön und anregend, doch zu nah dürfen sich die Gesprächspartner zurzeit nicht kommen. Überall spürt man die Spaßbremse. „Die Leute haben persönlich Angst, sich anzustecken“, hat Jarmuschek, der Galerist in Berlin, immer wieder bemerkt. „Das Drumherum wird eine große Gefahr“, sagt er und befürwortet eine Begrenzung des Alkoholausschanks auf 23 Uhr.

Digitalisierung kann die Begrenzung menschlicher Begegnungen, den Mangel an neuen Bekanntschaften kaum ausgleichen. Dennoch hilft sie den Galerien, den Kontakt zu ihrer Kundschaft aufrechtzuerhalten.

Jarmuschek verweist auf eine von der Art Cologne entwickelte und von der Kulturstaatsministerin mit bis zu 500.000 Euro geförderte Digitalplattform für Verkäufe von Kunstwerken, die „Art Cologne Online Sales“. Die Online-Sales Plattform soll im April 2021 als „digitale Verlängerung“ der Art Cologne 2020 beginnen.

Schon jetzt werden Kunstmessen mit Hilfe von Avataren nachgebaut. Das soll es künftig auch für Galerien geben.

Jarmuschek warnt allerdings vor einer „falschen Digitalisierung“: Man dürfe nicht die analoge Welt ins Netz verlagern. „Es geht um Kommunikation“, so fügt er an, „und da gibt es noch nichts Zukunftsweisendes.“

Immerhin aber sind Videokonferenzen, in denen man sich in eine Ausstellung einschalten kann, ein Ansatz. Außerdem beobachtet Jarmuschek den Hang seiner Kolleginnen und Kollegen, die analoge Welt zu verteidigen. Sie schicken Interessenten Kunstwerke zur Ansicht nach Hause – „das hat ganz gut funktioniert“.

Galerien erwirtschafteten bislang nach Jarmuscheks Einschätzung mindestens die Hälfte ihres Umsatzes auf Kunstmessen: „Da kaufen Leute, die wenig Zeit haben, und Leute, die Geld haben, aber nicht nahe genug an der Szene sind“, das heißt, sich nicht bei einer Vernissage in einer Galerie als Fremde unter Kennern unwohl fühlen wollen.

Die Kunstmesse, so glaubt Jarmuschek, wird sich daher nicht durch Online-Märkte ersetzen lassen: Wenn jemand nicht wisse, was er sucht, welchen Künstlernamen er eingeben soll oder welche stilistische Richtung, werde ihm das Internet nichts nützen. Die Lust auf ein Bild entsteht meist erst, wenn man es als Original vor sich sieht und mit anderen darüber ins Gespräch, womöglich am Ende ins Schwärmen kommt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Wassilij Wassiljewitsch Wereschtschagin (1841-1904): „Die Apotheose
Krieg und Frieden
Welches Bild russische Kunst und Literatur vom Krieg zeichnenKrieg und Frieden
Aus dem Ressort