Wichtigste Kunstmesse Deutschlands Die Art Cologne setzt auf Malerei

Kunst zu einigermaßen stabilen Kursen: Die älteste Kunstmesse bietet Hochwertiges ab 2000 Euro. Mondpreise sind in Köln die Ausnahme.

 Das Porträt Willy Brandts von Andy Warhol in den Kölner Messehallen.

Das Porträt Willy Brandts von Andy Warhol in den Kölner Messehallen.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Die Art Cologne ist nicht nur die älteste, sondern auch die wichtigste Kunstmesse in Deutschland. Sie gibt sich in ihrer 55. Ausgabe charmant, besucherfreundlich und geradezu intim. Nachdem Kunstgroßkonzerne abgesprungen sind, macht Messechef Daniel Hug aus der Not eine Tugend und erklärt fast bescheiden: „Unser Ziel ist es, die mittelgroßen Galerien zu unterstützen."

Die Angebote kommen wie in den Anfängen aus den Benelux-Ländern, der Schweiz, Österreich und Deutschland. Rekordpreise wie auf der jüngsten Auktion von Christie's gibt es nicht. Der Schweizer Galerist Carlo Knoell präsentiert eine Holzskulptur des Kirchner-Freundes Hermann Scherer für 1,1 Millionen Euro. Seine hohe Dreiergruppe ist nicht farbig gefasst. Die Malerei bleibt indes der Liebling der Händler wie der Käufer. Kunden können wählen zwischen einem Spitzenwerk von Lesser Ury, dem Berliner Meister des Lichts, in dessen Gemälde sich die Autos auf der regennasse Tiergartenstraße aufzulösen seinen (Galerie Schwarzer, 360.000 Euro) und den Bildern von Sophia Süßmilch im Bayernlook und Brüsten stillender Mütter (Martinez). Die Motive kommen provokant, lachend und spielerisch daher und sind schon für 2000 Euro zu haben. Die Produzentengalerie wartet mit Monika Michalko auf, deren Stil zwischen den 1920er Jahren, der Outsiderkunst und ihrem einstigen Lehrer Norbert Schwontkowski pendelt (ab 3500 Euro).

Der Galerist Walter Storms läuft mit geschwellter Brust durch die Hallen, besitzt er doch den kompletten Nachlass von Günter Fruhtrunk und freut sich auf den hundertsten Geburtstag des Streifenkünstlers im nächsten Jahr, der in Bonn, Wiesbaden und München gefeiert wird. Er brilliert in seiner Koje mit einem strahlenden gelb-roten Bild für 250.000 Euro und erklärt: „Billig ist vorbei. Die konkrete Kunst war immer aktuell. Heute gibt es viel zu viel Mickey-Mouse-Malerei, alles lustig und bunt."

Die Messe wirkt aufgelockert dank vieler kleiner Zentren, die mit Skulpturen bestückt sind. Dabei darf Damien Hirst nicht fehlen, der sich in einem Einhorn aus Fischkopf und eingerammter Säge mit Tod und Leben auseinandersetzt. „Der Traum ist tot", tönt der Künstler und fügt neben einigen Talern einen Wasser-Glasbehälter mit einem silbrigen Herzen auf einem Spezialtisch hinzu (1,1 Millionen Euro). Daniel Knorr nimmt es bei Rüdiger Schöttle humoriger. Seine Isetta, das Billigauto der 1960er Jahre, besteht aus 85 Gemälden, die er passgenau zusammenbaute und unter eine Autowaschanlage stellte. Die spuckte statt Reinigungsmittel Farben aus. Das Ergebnis ist eine Persiflage auf die Malerei wie die Skulptur, dennoch voller Farbzauber (60.000 Euro). Den Vogel schießt Wilhelm Lehmbruck mit einem Mädchenkopf von 1913/14 aus Steinguss mit patinierter Terrakotta ab (Schwarzer, 450.000 Euro).

In der Fotografie überrascht die Hamburger Galerie Cometer mit der französischen Altmeisterin der Modefotografie, Sarah Moon (81). Ihre Polaroids sind digital abgezogen, aber behalten den Charme des leicht verschwommenen Negativs und wirken wie beste, fast schon metallisch entrückende Malerei (40.000 Euro). Wilma Tolksdorf hält die Fahne für die Düsseldorfer Becher-Schule hoch. Und Schöttle zeigt einen frühen Thomas Struth, der im Schwarz-Weiß-Abzug auf 30.000 Euro geklettert ist.

Die Förderkojen sind das Salz in der Suppe. Der Marokkaner Omar Mahfoudi mit seinen intensiven Aquarellen, Björn Knapp mit seinen verschlüsselten Abstraktionen und Maja Behrmann als Installationskünstlerin, die im Verschnitt von Matisse, Nonsens-Objekten und scheinbar gemütlichen Vorhangstoffen die Puppen tanzen lässt.

Die einzige Enttäuschung ist die neue Abteilung „Art + Object". Nach dem Niedergang von „Art Antique“ und „Fine Art" kann man auch den jetzigen Rettungsversuch mit Madonnen, japanischen Holzschnitten aus der Zeit des Revivals und Zickzack-Stühlen von Rietveld als Reproduktionen der 1960er und 1970er Jahre vergessen.

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