Leipzig Ansehnlich seit 100 Jahren: die Insel-Bücherei

Leipzig · So schön können Bücher sein: mit bunten Vignetten, mal marmoriert und mal strukturiert wie eine Tapete, es gibt Buchdeckel mit vielen Vögelchen, Schmetterlingen oder Blümchen. Jeder Titel der Insel-Bücherei hat seine Eigenart, und jeder ist eine Augenweide, ein bibliophiles, gleichwohl erschwingliches Prachtexemplar. Schön, preiswert, niveauvoll – genau das sollten die Bände schon damals sein, als der Leipziger Verleger Anton Kippenberg nach einer Idee von Schriftsteller Stefan Zweig vor 100 Jahren die Insel-Bücherei ins Leben rief.

Aber es waren nicht der unverwüstliche Goethe, der populäre Schiller oder der staatstragende Lessing, die zu den Säulen der Reihe wurden. Rainer Maria Rilke machte 1912 den Anfang mit der Erzählung von einem jungen Fahnenträger, der zum staunenden Zeugen schrecklichen Kriegsgeschehens wird. "Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke" – sie kostete damals 50 Pfennig – ist ein Kultbuch geworden – mit 54 Auflagen und über einer Million verkauften Exemplaren. Es gibt ausgesprochene Kostbarkeiten unter den 1672 bislang erschienenen Titeln. Dazu gehört die "Geschichte des Barock", dessen Auflage 1943 bei einem Luftangriff auf das Leipziger Verlagslager den Flammen zum Opfer fiel. Bis auf 50 Exemplare, die man vorab verschickt hatte.

Dass eine Reihe wie die Insel-Bücherei ein Jahrhundert überstanden hat, ist kaum dem holzfreien und alterungsbeständigen Papier zu verdanken. Und wohl auch nicht seiner Eignung als feines, bibliophiles Mitbringsel. Vielleicht liegt es daran, dass die Themen bis heute so bunt wie ihre Einbände geblieben sind: von Platon bis Garcia Lorca, von Liedern aus der Edda bis Cervantes und in die literarische Gegenwart hinein. So ist auch Uwe Tellkamp vertreten, der für die Bände der wundersamen Insel-Bücherei die vielleicht schönste Beschreibung gefunden hat: "Weltgeist in der Westentasche".

(RP)
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