California Noir Lieder für den letzten Tag des Sommers

Das neue Album von Lana Del Rey heißt „Norman Fucking Rockwell!“ ist ein bisschen unheimlich. Unheimlich kann allerdings ziemlich schön sein.

 Lana Del Rey (34), die eigentlich Lizzie Grant heißt.

Lana Del Rey (34), die eigentlich Lizzie Grant heißt.

Foto: dpa/Hugo Marie

Pop Auf diesem Album findet man eines der besten Lieder des Jahres, es heißt „Venice Bitch“, es dauert fast zehn Minuten, und es hört sich an wie das müde Summen einer ziemlich schweren, aber schon leicht zerzausten Biene, die sich träge durch den letzten Tag des Sommers schleppt. Es geht um Kalifornien, um Kalifornien als Geisteszustand, und die letzten Zeilen des mit halb geschlossenen Lidern gegen die Sonne geblinzelten Refrains bekommt man nie mehr aus dem Kopf: „Callin‘ out, bang bang, kiss kiss.“

Lana Del Rey hat soeben ihr sechstes Album vorgelegt, und „Norman Fucking Rockwell!“ ist ihr bestes. Mancher dachte ja, sie hätte mit ihrem ersten Songs „Video Games“ 2012 bereits alles gesagt, und eigentlich stimmt es auch, aber sie wiederholt ihre bekannten Themen nun mit größerer Virtuosität. Das Album ist unheimlich, so schön unheimlich wie David Lynchs „Twin Peaks“. Die 34-Jährige verbindet California Noir, American Gothic und stellenweise verblüffend originelles Songwriting zu einer Playlist, in der man geradezu verschwindet. Wirklich, wenn man sich dieser Musik ergibt, kann man irgendwann nicht mehr sagen, wie lange man schon zuhört: sieben Minuten, sieben Stunden oder sieben Jahre?

Der Ton ist elegisch, Tempo und Stimmung werden kaum je variiert, und aus der Trance erwacht man bisweilen nur dann, weil Lana Del Rey das Wort „baby“ so bedrohlich ausspricht oder Zeilen herausarbeitet, die man von anderswo zu kennen meint: „Dream a little dream of me“ etwa. Man erschrickt dann und streckt den Kopf aus dem Strom aus Sound – aber nur kurz.

Ein Tranquilizer-Walzer ist das, und Produzent Jack Antonoff, der auch für große Teile des neuen Albums von Taylor Swift verantwortlich ist, hat jedes Instrument und jeden Effekt an die richtige Stelle gesetzt. „Callin‘ out, bang bang, kiss kiss.“ Philipp Holstein

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