Abschlussbericht der Amazonas-Synode Radikale Vorschläge gegen den Priestermangel

Rom · Zum Abschluss der Amazonas-Synode fordern die Bischöfe, verheiratete Männer zur Priesterweihe zuzulassen.

 Menschen aus dem Amazonas-Gebiet begegneten Papst Franziskus während der Abschluss-Messe zur Bischofssynode.

Menschen aus dem Amazonas-Gebiet begegneten Papst Franziskus während der Abschluss-Messe zur Bischofssynode.

Foto: dpa/Alessandra Tarantino

Auf der am Sonntag zu Ende gegangenen Amazonas-Synode im Vatikan haben katholische Bischöfe die Weihe verheirateter Männer zu Priestern vorgeschlagen. Das geht aus dem Schlussdokument der dreiwöchigen Konferenz hervor, das der Vatikan am Samstag veröffentlichte. Für die katholische Kirche ist dieser Schritt historisch, da erstmals auf offizieller Ebene die Forderung nach einer Lockerung des Pflichtzölibats erhoben wurde. „Wir schätzen den Zölibat als Geschenk Gottes“, heißt es in der Abschlusserklärung der 184 wahlberechtigten katholischen Bischöfe. Es werde aber vorgeschlagen, „geeignete und von ihren Gemeinschaften anerkannte Männer, die im ständigen Diakonat aktiv sind“, zu Priestern zu weihen.

Damit reagierten die Bischöfe auf den Priestermangel in Amazonien, der verhindert, dass Gläubige in den weitläufigen Gebieten regelmäßig die Kommunion erhalten können. Der Vorschlag wurde mit 128 zu 41 Stimmen angenommen. Die meisten Teilnehmer der Konferenz stammen aus den Amazonas-Gebieten oder arbeiten dort, bei der Synode waren aber auch zahlreiche Kleriker aus dem Vatikan vertreten. Gegner der Weihe sogenannter viri probati, also bewährter, verheirateter Familienväter, befürchten, die Entscheidung sei der erste Schritt vom Ende des Zölibats und könne bald auch in anderen Gegenden der Welt legalisiert werden, etwa in Europa. Einige Teilnehmer hätten gefordert, das Thema Priesterweihe für verheiratete Männer auf universaler Ebene anzugehen, hieß es im Abschlussbericht.

Die Synode ist als Bischofsversammlung nur ein beratendes Gremium, das dem Papst Vorschläge unterbreitet. Franziskus, der die Amazonas-Synode 2017 einberief, wird nun ein verbindliches, nachsynodales Schreiben anfertigen. Der Papst kündigte unter dem Applaus der Konferenzteilnehmer an, seinen Text bis zum Jahresende vorzulegen. „Damit nicht zu viel Zeit verstreicht“, sagte Franziskus. „Alles hängt davon ab, ob ich Zeit zum Nachdenken finde.“ Es wird erwartet, dass er die Vorschläge der Bischöfe übernimmt.

Ein zweiter wesentlicher Effekt der Amazonas-Synode, die unter dem Titel „Neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“ stand, ist die Wiedereröffnung der Debatte um den Diakonat der Frau. „Für die Kirche Amazoniens ist es dringlich, dass Ämter für Frauen und Männer in gleichberechtigter Form gefördert und vergeben werden“, heißt es im Abschlussdokument der Bischöfe, das in allen Paragraphen mit mehr als der notwendigen Zweidrittelmehrheit verabschiedet wurde. „In einer hohen Zahl von Redebeiträgen wurde der ständige Diakonat der Frau gefordert“, schrieben die Bischöfe. Diakone sind keine Priester, verrichten aber wichtige Dienste in der katholischen Kirche wie Taufe, Trauung, Begräbnisfeiern. Sie feiern auch Wortgottesdienste und spenden die Kommunion. Bislang ist das Amt Männern vorbehalten.

Franziskus kündigte noch vor Ende der Konferenz an, seine im vergangenen Jahr aufgelöste Kommission für die Erforschung des Frauendiakonats in der Urkirche mit neuen Mitgliedern zu besetzen und weiterarbeiten zu lassen. Die Kommission war zu keinem Ergebnis gelangt, der Papst hatte die Mitglieder aber zu weiteren Forschungen animiert. Mehr als 60 Prozent der indigenen katholischen Gemeinden in Amazonien werden von Frauen geleitet, die dort predigen, taufen und sogar die Beichte hören. De facto leiten demnach Frauen die katholische Kirche in Amazonien. Die Synode sollte nun darüber beraten, wie diesem Phänomen Rechnung getragen werden kann.

Kritiker befürchteten, dass die Öffnung des Priesteramts für verheiratete Männer sowie der Diakonat für Frauen die katholische Kirche in eine Identitätskrise befördern würde. Die Rede war teilweise sogar von Häresie. Besonders wehrten sich Kritiker auch gegen die Akzeptanz eines sogenannten amazonischen Ritus, den die Synode vorschlug. Danach soll ein neuer Ritus an die Seite der bereits 23 bestehenden Riten innerhalb der katholischen Kirche treten und das „liturgische, theologische, disziplinäre und spirituelle Erbe Amazoniens zum Ausdruck bringen“. Weite Abschnitte des Abschlussberichts waren dem Umweltschutz in Amazonien und der Bedeutung der Region für den gesamten Planeten gewidmet.

So heißt es in dem Bericht unter anderem, der Amazonas-Urwald sei das zunehmend gefährdete „biologische Herz“ der Erde. Ein radikaler Wandel sei gerade auch in den entwickelten Ländern notwendig, um den Regenwald und seine Bewohner vor Ausbeutung und Zerstörung zu retten. Die Bischöfe schlugen die Einrichtung eines weltweiten Fonds vor, um für einen Teil der „Schulden“ aufzukommen, die westliche Länder bei Amazonien und seinen Bewohnern im Hinblick auf die Ausbeutung durch nationale und internationale Unternehmen hätten.

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