Kultursalon der Rheinischen Post Der diskrete Luxus der Bauhaus-Häuser

Krefeld · 30 Gäste des RP-Kultursalons aus Düsseldorf blickten in den Krefelder Häusern Esters und Lange ins Privatleben der einstigen Besitzer.

 Einige Teilnehmer des RP-Kultursalons aus Düsseldorf vor den Häusern Esters und Lange.

Einige Teilnehmer des RP-Kultursalons aus Düsseldorf vor den Häusern Esters und Lange.

Foto: RP/Till Wefelnberg

Nicht nur in Weimar und Dessau, auch in Krefeld hat das Bauhaus Spuren hinterlassen. 100 Jahre nach der Gründung dieser folgenreichen Hochschule für Architektur und Künste wird manchem erst bewusst geworden sein, wie viele Bauhäusler sich in den 1920er und 30er Jahren in Krefeld niederließen und dort teils Bauten entwarfen, teils aber auch auf unauffälligen Posten das „Dritte Reich“ überlebten. Aushängeschilder sind seit je die von Ludwig Mies van der Rohe als Privatbauten errichteten Häuser Esters und Lange. 30 Leser der Rheinischen Post hatten nun Gelegenheit, sich in kleinen Gruppen das einstige Innenleben der heute als Museum genutzten Gebäude schildern zu lassen – eine Veranstaltung des von der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland unterstützten RP-Kultursalons.

Sabine Sander-Fell und Eva Carolina Eick führten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anderthalb Stunden lang durch beide Häuser samt hölzernem Gartenhäuschen, nachdem Sylvia Martin als stellvertretende Leiterin der Kunstmuseen Krefeld die Gäste willkommen geheißen hatte. Am Ende hatten die beiden Führerinnen die Augen der Besucher für die dezente Schönheit und den diskreten Luxus der Bauten geschult: für die strengen Vorderfronten der Backstein-Häuser und die aufgelockerte Balkon- und Terrassenarchitektur der Gartenseite vor allem. Eva Carolina Eicks Frage an die Zuhörer, wer der beiden Hausbesitzer, der Seidenfabrikanten Josef Esters und Hermann Lange, der größere Autonarr gewesen sei, ließ sich beim Vergleich der  Garagen beantworten: Esters hatte sich nur eine bauen lassen, Lange  vier. In beiden Fällen erleichterte dem Chauffeur eine geschwungene Zufahrt vor dem Haus die Arbeit.

Das Gartenhäuschen setzt den Bauhaus-Villen überraschend traditionelle Gemütlichkeit entgegen: mit grün gestrichenen Holzlatten, kleinen, doppelte geteilten Fenstern, einem Schieferdach und einer überdachten Terrasse. In diesem von den Deutschen Werkstätten Hellerau als Fertighaus gelieferten Idyll, in dem die Familie Esters stets ein paar Wochen im Sommer verbrachte, wird bald ein Café eröffnet.

Während das obere Stockwerk von Haus Esters durch die Wohnung des Hausmeisters belegt ist, lassen sich nebenan in Haus Lange sämtliche  Zimmer frei erkunden. Sowohl die Großzügigkeit der unteren Räume mit ihren per Motor im Keller versenkbaren Scheiben als auch die niedrigen Räume des Obergeschosses zeugen davon, wie zurückhaltend sich Luxus inszenieren lässt. Jedes der drei Kinder hatte ein Zimmer und ein Bad für sich. Wer Hilfe im Haus brauchte, drückte einfach auf einen Klingelknopf, so dass es neben der Küche läutete, und schon eilte das Dienstpersonal herbei. Die Eltern hatten je ein eigenes Schlafzimmer mit einer verbindenden Tür und ebenfalls je ein Bad. Ein Billard-Zimmer im Keller und eine doppelte Küche – zum Kochen und zum Anrichten – zählen zu den weiteren Annehmlichkeiten der Villa.

Die anderthalb Stunden vergingen auch dank der vielen Fragen der Gäste wie im Fluge. Am Ende war noch kaum etwas gesagt über die Ausstellung, die sich zurzeit durch die Räume zieht: „Anders Wohnen“. Wie seinerzeit das Bauhaus Bauten für die Zukunft entwarf, stellt heute „Anders Wohnen“ Modelle für künftige Lebensgestaltungen vor. Ein Grund, Haus Esters und Haus Lange erneut zu durchstreifen, diesmal nicht mit rückwärtsgewandtem, sondern  visionärem Blick.

Info Haus Esters/Haus Lange, Wilhelmshofallee 91-97; Di., Do.-So. 11-17 Uhr, Mi. 15-21 Uhr; „Anders Wohnen“ bis 31.1.2020

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