Bauhaus--Jahr Krefeld eröffnet offiziell das Bauhausjahr

Krefeld · Wiedereröffnung von Haus Lange / Haus Esters, großer Empfang mit 300 Gästen in der Shedhalle der Hochschule Niederrhein und Vollendung des Schütte-Pavillons im Kaiserpark: Krefeld startet am Wochenende das Bauhaus-Jahr.

 Kuratorinnen der Ausstellung „Anders Wohnen“ (v.r.): Museumsleiterin Katia Baudin, Magdalena Holzhey und Sylvia Martin in Haus Esters vor der Nachbildung der Marmorwand aus dem Barcelona-Pavillon, die aus 50 Hocker-Modulen besteht. Die Frauen sitzen auf solchen Modulen.

Kuratorinnen der Ausstellung „Anders Wohnen“ (v.r.): Museumsleiterin Katia Baudin, Magdalena Holzhey und Sylvia Martin in Haus Esters vor der Nachbildung der Marmorwand aus dem Barcelona-Pavillon, die aus 50 Hocker-Modulen besteht. Die Frauen sitzen auf solchen Modulen.

Foto: Jens Voss

Das protokollarisch wichtigste Ereignis dürfte ein Empfang für geladene Gäste zur offiziellen Eröffnung des Bauhausjahres in Krefeld sein –  das interessanteste Ereignis für die rund 230.000 nicht eingeladenen Bürger dürfte die Eröffnung der frisch sanierten Häuser Lange /Esters sein, die mit dem Beginn einer ungewöhnlichen  Ausstellung einhergeht. Krefeld beginnt an diesem Wochenende die Feierlichkeiten zum Gedenken an die Gründung des Bauhauses in Weimar vor 100 Jahren. Pünktlich zur Eröffnung ist auch der Pavillon des Künstlers Thomas Schüte im Kaiserpark von  Bauzäunen befreit und kann nun von allen Seiten ungehindert betrachtet werden.

 Der Pavillon des Künstlers Thomas Schütte im Kaiserpark ist von allen Bauzäunen befreit und präsentiert sich hell und frisch. Die begehbare Skulptur ist Schüttes Beitrag zum Krefelder Bauhausjahr.

Der Pavillon des Künstlers Thomas Schütte im Kaiserpark ist von allen Bauzäunen befreit und präsentiert sich hell und frisch. Die begehbare Skulptur ist Schüttes Beitrag zum Krefelder Bauhausjahr.

Foto: Jens Voss

Die offizielle Eröffnung des Bauhaus-Gedenkjahres wird am Samstag Abend mit einem Empfang in der Shedhalle der Hochschule Niederrhein  vor rund 300 Gästen begangen. Nach der Eröffnungsrede von Oberbürgermeister Frank Meyer geht es in einer Podiumsdiskussion um das Thema „100 Jahre Bauhaus – Impulse für die Gegenwart“. Gäste sind  Joachim Henneke, NRW-Beauftragter für das Bauhaus-Jubiläum, Christiane Lange, Vorsitzendes des Vereins Projekt MIK, Katia Baudin, Leiterin der Krefelder Kunstmuseen, J.U. Lensing, Künstlerischer Leiter des Theaters der Klänge in Düsseldorf, und der gebürtige Krefelder Julian Heynen, früherer stellvertretender Leiter der Kunstmuseen und langjähriger Leiter des K21 der Kunstsammlung NRW.

Die Häuser Lange und Esters werden am Sonntag, 11.30 Uhr mit einer Ausstellungseröffnung wieder der Öffentlichkeit übergeben. Die Vernissage ist Auftakt für eine ganze Serie von Lesungen, Vorträgen, Workshops und Ausstellungen, die sich mit den Häusern auseinandersetzen und durch das ganze Jahr ziehen. „Es geht immer auch darum, die Leute zur aktiven Teilnahme aufzufordern“, erläutert Kuratorin Magdalena Holzhey. Zu den besonderen Formaten gehört ein  „FabLab“ (für „fabrication laboratory“), eine Werkstatt, bei der die Teilnehmer  mit 3D-Druckern eigene Werkstücke herstellen können. Bis Januar 2020 entwerfen 16 Künstler, Architekten und Designer in drei Ausstellungen Wohn- und Lebensentwürfe, die sich mit den Häusern Lange und Esters auseinandersetzen.

Titel der Eröffnungsausstellung: „Anders Wohnen“. Die Häuser Lange und Esters seien „Orte des Lebens“ gewesen, erläuterte die Leiterin der Krefelder Kunstmuseen, Katia Baudin, gestern. Das Bauhaus wiederum habe „Lösungen für neues Leben der Moderne“ finden wollen. An diese Ideen knüpft die Ausstellung an. Im Haus Esters hat die Berliner Künstlergruppe Raumlabor die Onyxmarmorwand nachgebildet, die Bauhaus-Architekt  Mies van der Rohe in seinem berühmten Barcelona-Pavillon (zur Weltausstellung 1929) eingebaut hat. Die Wand ist gemalt und besteht aus 50 Modulen, die einzeln als Hocker genutzt werden können und als Wand an der Rückseite ein Regal ergeben. Die Bauweise greift wunderbar leicht und spielerisch die Bauhausidee auf, dass Kunst, Design und industrielle Fertigung sich durchdringen und befruchten sollen.

Auch im Haus Lange sind moderne Technik, Mitmachen und Kunstanschauung verblüffend arrangiert: Die Besucher können mit Spezialbrillen erkunden, wie Architekt Mies van der Rohe sich die Einrichtung des Hauses  gedacht hat.  Die Brillen, die von der Canon-Tochter Cognitas programmiert wurden, erlauben einerseits, die Räume vor Augen zu sehen, und blenden an bestimmten Stellen andererseits Bilder ein. Daher rührt der Name „Augmented Reality“ (erweitere Realität). Der Effekt ist verblüffend: Man geht drei Schritte in einen Raum, und plötzlich blendet sich das Bild einer Sitzgruppe ein, die Mies für die Mitte des Raumes vorgesehen hat.

Der Umstand, dass Mies einen Möblierungsplan mitentworfen hat, zeigt eindringlich, wie sehr er  Gebäude, Interieur, Garten und die Ausblicke in den Außenraum als Ganzes verstanden wissen wollte: als Wohnkunstraumentwurf.

Weiterer Bericht auf der Kulturseite im Hauptteil unserer Zeitung.

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