Jupp testet die Welt 2.0 Adrenalinrausch im Flugtunnel

Düsseldorf (RPO). Nach der Winterpause meldet sich unser Tester spektakulär zurück. In Europas schnellstem High-Tech-Windtunnel und Deutschlands erster professioneller Indoor-Skydiving-Anlage ist Jupp dem Traum vom Fliegen sehr nah gekommen - für immerhin sechs Minuten.

Kaum etwas an diesem Betonturm am Rande Bottrops weist darauf hin, dass sich im Inneren des 36 Meter hohen Gebäudes Technik für mehrere Millionen Euro befindet. Vier Turbinen mit einer Gesamtleistung von mehr als 2000 PS lassen dort bis zu sechs Personen gleichzeitig die Bodenhaftung verlieren.

Der Traum vom Fliegen

Gut eine Stunde vor dem Abflug geht es für den Hobby-Piloten zum Check-in. An einem Computer werden einige Fragen zum Gesundheitszustand gestellt. Probleme mit Schultern, Gelenken, Rücken und Bandscheiben sollten nicht bestehen. Sonst kann die Fluglizenz schon vor dem Abheben wieder entzogen werden.

Zunächst geht es zur Einkleidung, bevor eine kurze Einweisung erste mentale Höhenflüge hervorruft. Vier Handzeichen sollen sich die Piloten merken. Das klingt simpel. Doch der "Flight-Instructor" wird sie später inflationär einsetzen müssen, damit seine Schutzbefohlenen abheben - dabei aber nicht in die Turbine gesaugt werden.

"Just relax" und "always keep your head up" sind die letzten Worte, die die Flugschüler hören. Dann werden Stöpsel in die Ohren gesteckt. "Sonst bekommt ihr einen ordentlichen Tinnitus", hatte der Fluglehrer erklärt, bevor er die Gruppe in eine Luftschleuse führte.

Im Maschinenraum werden die Ventilatoren gestartet. Jetzt verstehen die Flugschüler, warum sie die Zeichensprache benötigen. Das Panzerglas schluckt nach außen den Lärm. Im Inneren der Glasröhre wummert es dagegen wie bei einem Turbinen-Test auf dem Flugplatz.

Mund zu, Augen auf

Einen Luftstrom von bis zu 286 km/h können die Turbinen erzeugen. Kein Wunder, dass die Flugschüler ihre Schutzbrille bis zur Schmerzgrenze anziehen und dann noch einmal etwas fester zurren sollen.

Die Vorbereitungen sind abgeschlossen. Der Kopf geht noch einmal die Theorie durch. Das Herz quittiert jeden einzelnen Punkt mit immer schnelleren Schlägen. Dann endlich zeigt der Instructor, dass es los geht. Er positioniert seinen Schüler im Eingang des Windkanals und legt ihn so galant übers Knie, dass dieser mit dem Bauch im Luftstrom hängen bleibt. Arme und Beine werden sofort in die Höhe gerissen, der Mund in Sekundenbruchteilen trockengeföhnt.

"Zum Glück wird mir beim Fliegen nicht schlecht", denke ich, als mir die Worte des Marketing-Managers durch den Kopf gehen: "Alles, was der Fluggast in der Röhre verliert, kommt innerhalb von vier Sekunden zurück. Kleingehäckselt." Während er nur ausdrücken wollte, dass die Schnürsenkel ordentlich festgeknotet werden müssen, geht mir das Bild vom sich übergebenden Sitznachbarn aus dem letzten Urlaubsflug durch den Kopf.

Für weitere Gedankenspiele bleibt keine Zeit. Der Lehrer gibt das Zeichen: "Beine ausfahren". Kaum werden die Füße um wenige Zentimeter zurück gestreckt, reißt der Luftstrom den Flugneuling in die Höhe. Ab jetzt ist klar: keine unkontrollierten Bewegungen mehr!

Im Adrenalinrausch

Während des ersten Fluges entsteht der Beschluss, nie wieder über Albatrosse im Landeanflug zu lachen. Doch schon im dritten Durchgang überkommt den Anfänger ein Hauch von Übermut. Jetzt nämlich dürfen geschickte Flieger die meiste Zeit alleine schweben. Der Instructor steht daneben und stellt sich nur in den Luftstrom, wenn dieser den Schüler zu weit in die Höhe zu ziehen droht. Kaum nimmt er den Wind buchstäblich aus den Segeln, senkt sich der Körper wieder.

Ein Blick in den 17 Meter tiefen Keller - das Fangnetz nimmt im Adrenalinrausch längst niemand mehr wahr - verstärkt das Gefühl von Freiheit. Bis der Instructor seinen Schüler schließlich in Richtung Ausgang schiebt. Kaum aus dem Luftstrom, schlägt die Gravitation zu: Im Bruchteil einer Sekunde sitzt der Anfänger auf dem Boden und muss einen Moment verschnaufen. Die Flugstunde ist beendet. Das Adrenalin befiehlt dem Kopf, mehr zu wollen. Doch der Körper braucht die Pause.

Vor dem Abschalten der Ventilatoren zeigt der Lehrer noch einmal, wie es der Profi macht: Kopfüber durch die Luft gleiten, an den Wänden entlanglaufen und schließlich mit einem Rückwärtssalto durch den Ausgang - natürlich ohne jede Anstrengung und mit breitem Grinsen im Gesicht.

Noch auf dem Boden sitzend steht fest: Dieses Erlebnis muss trotz der Kosten von mindestens 49 Euro für das kleinste Flugpaket (zweimal 90 Sekunden) wiederholt werden. Mindestens einen Trick will hier jeder lernen.

(born)
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