About a Boy Nein, meine Stiftung ist die geilste

Unser Kolumnist fragt sich, warum wir ständig von diesen Gehörlosenschulen in Kenia lesen.

 Kinder aus Equatorial-Guinea spielen Fußball.

Kinder aus Equatorial-Guinea spielen Fußball.

Foto: afp, ABDELHAK SENNA

Unser Kolumnist fragt sich, warum wir ständig von diesen Gehörlosenschulen in Kenia lesen.

Menschen, die sich in der Unterhaltungsindustrie einen Namen gemacht haben oder anderswie zu Geld gekommen sind, bekommen früher oder später ein schlechtes Gewissen. Warum bin ich so reich und berühmt? Warum sind andere so arm und hilflos? Sie haben das Bedürfnis, anderen etwas abzugeben, damit sie nicht mehr vom schlechten Gewissen geplagt werden. Das ist soweit okay.

Weil sie aber Personen des öffentlichen Lebens sind, wollen sie nicht heimlich helfen. Schließlich haben sie gelernt, nichts zu tun, ohne dass ihre Karriere davon profitiert. Die ganze Welt soll erfahren: Die weltbekannte Schauspielerin Sabine Müller hat eine Stiftung für gehörlose Aidswaisen in Kenia gegründet. Die sehr erfolgreiche Popsängerin hat in Afghanistan eine Schule für von der Familie verstoßene Mädchen errichten lassen. Der herausragende Fußballspieler Peter Hansen lässt in Äthiopien einen Spielplatz für Minenopfer bauen.

Weil sie aber keine Werbespots schalten wollen, ihr Anliegen ist immerhin ein ehrenhaftes, gehen sie zum Fernsehen oder zur Zeitung. Sie sagen: "Ich beehre euch mit meiner Anwesenheit, ihr dürft mit mir sprechen, ich komme wirklich in euer langweiliges Frühmagazin. Dafür stellt Ihr mir aber mindestens vier Fragen zu meiner Stiftung." Ein Redakteur, der das ablehnt, ist nicht nur seinen Interviewpartner los, sondern wird auch von seinem schlechten Gewissen gequält. Die Prominenten wissen das.

Dabei ignorieren die beiden Parteien völlig die Bedürfnisse des Lesers oder des Zuschauers. Sie sind die großen Verlierer dieser Vereinbarung. Denn wenn Prominente über ihre Stiftungen reden, ist das langweiliger als der Börsenbericht und vorhersehbarer als der Sonnenuntergang. Der Prominente sagt, wie gut es uns allen doch geht, wie er in Afrika oder Myanmar gesehen hat, wie es anderen geht, dann sind die Bilder des Promis mit grinsenden dunklen Kindergesichtern vor Lehmhütten zu sehen, und am Ende erfolgt der Aufruf, dass es ganz einfach sei zu helfen. Und da ist auch schon die Bankverbindung. Noch irgendwer wach? Ein Prominenter hat doch so viel Interessantes zu erzählen, aber er entscheidet sich bewusst für das Langweiligste.

Wenn Zeitungen und Fernsehsender nicht so viel über Prominente berichten würden, die die Welt retten wollen, sondern über die Mächtigen, die die Welt zerstören, dann wäre uns allen geholfen.

(seeg)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort