Grünes Kerosin Klimakrise setzt Airline-Branche unter Druck

Düsseldorf · Die Klimadebatte bringt die Luftfahrtbranche politisch in die Defensive, während der Flugverkehr deutlich zunimmt. Der Flughafen Düsseldorf drängt nun auf mehr ICE-Verbindungen zum Airport Frankfurt, um einen Teil des umstrittenen innerdeutschen Flugverkehrs loszuwerden. Die ganze Branche hofft auf künstliches Kerosin. Gleichzeitig warnen die Manager, dass Flugverkehr in Staaten am Rande Europas abwandern könne, falls in der EU die Ökosteuern zu stark hochgehen.

Auf eine weitere Modernisierung der Jets, auf synthetisches Kerosin und eine bessere Kooperation mit der Bahn setzt die Airline-Branche, um bei der Diskussion über die Klimaschädlichkeit des Fliegens wieder in die Offensive zu kommen. Das sagten bei einem Gespräch in Düsseldorf Frank Bauer, Geschäftsführer von Eurowings, Thomas Schnalke, Chef des Flughafens Düsseldorf, und auch Matthias von Randow,  Leiter des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL).

Schnalke sagte, er hoffe, dass der Airport deutlich bessere ICE-Anbindungen zum Airport Frankfurt erhalte, damit die Zubringerflüge vom Rhein zu Deutschlands wichtigstem Airport weitgehend wegfallen können. Randow forderte, die Bahn solle zwischen wichtigen deutschen Großstädten sowie mit wichtigen Flughäfen deutlich mehr Sprinter-Züge einsetzen, die fast ohne Stopp durchrasen. „Wenn eine Strecke mit dem ICE in drei Stunden befahren wird, werden Flüge praktisch obsolet.“

Einig waren sich die Manager, dass synthetisches Kerosin eingesetzt werden muss, damit der Luftverkehr nicht mehr so klimaschädlich ist. Der  Clou: Die gleiche Menge CO2, die beim Betrieb eines Flugzeugs ausgestoßen wird, wird bei der Produktion des künstlichen Treibstoffes der Atmosphäre wieder entnommen. Randow sagte, eine massenhafte Produktion des synthetischen Sprits sei nur denkbar, wenn die Anlagen nach Nordafrika oder ähnliche sonnenreiche Gebiete kämen, weil nur dort extrem viel Solarstrom zu günstigen Preisen verfügbar sein könnte, um den synthetischen Sprit herzustellen.

Ein Liter natürliches Kerosin kostet rund 50 Cent, das synthetische Kerosin bisher das Fünffache. Die Luftfahrtbranche meint, der Staat solle die künftig jährlich knapp zwei Milliarden Euro aus der ab 2020 deutlich höheren Luftverkehrssteuer nutzen, um Verfahren zur Produktion des Ökokerosins voranzutreiben. Dann sei denkbar, dass das synthetische Kerosin nur noch dreimal so teuer ist, wie der jetzige Sprit.  Um den Verkauf dann voranzubringen, solle der Staat Geld für die Vermarktung dazugeben – was auf Ausgaben von vielen Milliarden Euro hinauslaufen würde.

Es wäre auch denkbar, den Einsatz von synthetischem Kerosin für Airlines bei Abflügen in Europa zur Pflicht zu machen. Eine interessante Frage wäre, wie teuer dies für die Kunden wäre: Rund 1500 Kilometer lang ist die Strecke von Düsseldorf nach Palma de Mallorca. Bei Einsatz sehr moderner Jets liegt der Spritverbrauch bei rund vier Litern auf 100 Kilometer, also pro Passagier bei 60 Litern. Diese Menge würde als klassisches Kerosin rund 30 Euro kosten, als grüner Kraftstoff bei künftig günstigeren Preisen möglicherweise rund 90 Euro. Hin- und zurück käme ein Aufpreis von 120 Euro raus – für den einzelnen Bürger wäre das nicht wenig, für die Umwelt aber gut.

Außerdem wäre möglich, dass klassisches Kerosin durch die Einführung eines hohen CO2-Preises den Preisvorteil gegenüber der umweltfreundlicheren  Kerosin-Variante verliert. Hier warnt Lobbyist von Randow allerdings vor Illusionen: Eine hohe CO2-Steuer auf Airlines sei nur sinnvoll, wenn sie nicht nur alle EU-Staaten erfasse sondern auch wichtige EU-Anliegerstaaten wie insbesondere die Türkei. Sonst drohe „Carbon-Leakage“, also die reine Verlagerung von CO2-Emmissionen.

Was ist konkret gemeint? Je teurer der Sprit in Europa durch Ökosteuern wird, umso mehr Reisende könnten zuerst nach Istanbul als neuem Mega-Airport fliegen, um von dort aus die  Langstrecke Richtung Asien zu nehmen. „Dann würden Europas Airlines wichtige Geschäfte verlieren“, sagt von Randow, „aber der Umwelt wäre trotzdem nicht geholfen.“

Der Umwelt hilft dagegen die immer bessere Effizienz der Flugzeuge. Pro 100 Kilometer und Passagier braucht ein moderner Jet nur noch rund 3,5 Liter Sprit statt wie 1990 noch 6,3 Liter. Dies bedeutet: Fliegen auf manchen Strecken wie beispielsweise nach München oder Berlin kann heutzutage umweltfreundlicher sein als alleine in einem Auto dorthin zu fahren. Vorbildlich ist nur die Nutzung von Bahn oder Reisebus, sinnvoll möglicherweise das gemeinsame Reisen mehrerer Personen im Auto.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort