RP Plus Wie Google unser Leben bestimmt
Düsseldorf (RPO). Gibt es ein Leben ohne Google? Wer häufig im Internet unterwegs ist, kommt um die Dienste des Suchmaschinen-Giganten nicht herum. Wie sehr bestimmt das Unternehmen unser Verhalten im Netz? Und was würde geschehen, wenn die Google-Seiten plötzlich nicht mehr erreichbar wären? RP Plus skizziert ein nicht ganz unwahrscheinliches Szenario.

Google - neue Dienste und Services 2011
Um es vorweg zu nehmen: Dieser Artikel ist mit Unterstützung folgender Google-Dienste entstanden: Google-Search, iGoogle, Google-News, Gmail, Youtube und Google-Übersetzer. Natürlich hätte der Autor auf diese Dienste auch verzichten können. Aber Google ist so verführerisch praktisch. Und macht es einem damit umso schwerer, seine eigenen Datenschutzbedenken konsequent zu Ende zu denken.
iGoogle nennt sich die Startseite, die man sich persönlich konfigurieren kann. Wer will, kann dort seine sämtlichen Netz-Favoriten zusammenstellen: Ein Youtube-Eingabefeld, die Wettervorhersage für seine Stadt, den Überblick über den E-Mail-Eingang und Raum für persönliche Notizen. Und die Liste der nützlichen Dienste ließe sich noch beliebig verlängern.
Können wir Google vertrauen?
Wer nun Datenschutzbedenken anführt, mag im Recht sein. Keiner kann garantieren, dass die Daten, die wir im Internet eingeben, nicht irgendwann in falsche Hände geraten. Aber Google verspricht zumindest, sie nicht an Dritte weiterzugeben. Außer natürlich, um sie für stichwortbezogene Werbung zu nutzen.
Wer diesen Deal eingeht, beweist Vertrauen in Google. Dies sind in Deutschland immerhin 91 Prozent aller Menschen, die eine Suchmaschine nutzen. Die statistischen Auswertungen des Nutzerverhaltens zeigen: In mehr als 90 Prozent aller Fälle beginnt das Surfen im Internet mit der Eingabe eines Suchbegriffs in eine Suchmaschine.
Lediglich eine Handvoll Firmen wie Amazon, Zalando, GMX und Facebook haben es geschafft, ihren Bekanntheitsgrad so zu steigern, dass man ihre Webadresse direkt in die Browserzeile eingibt. Oft genug suchen User dennoch eher bei Google nach dem Begriff Facebook, als die URL der Webseite direkt einzutippen.
Doch was wäre, wenn Google beispielsweise aufgrund eines defekten Untersee-Kabels tagelang nicht erreichbar wäre? Abgesehen von der Tatsache, dass dieser Fall denkbar unwahrscheinlich ist: Es würde nicht nur für Verwirrung vieler Internetnutzer sorgen, sondern auch schwere wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen.
"Wer bei Google nicht gefunden wird, der hat ein Problem"
"Unternehmen, die im Internet Geschäfte machen, würden einen Google-Ausfall sofort finanziell zu spüren bekommen", sagt Christian Mauer, Geschäftsführer des Kölner Suchmaschinen-Optimierers Sumo. Schließlich ist ein Großteil der im Internet tätigen Unternehmen auf den sogenannten Traffic von Google angewiesen. "Wer bei Google nicht gefunden wird, der hat ein Problem", sagt Mauer.
Damit sie bei der Suchmaschine nicht nur auf Seite 423, sondern unter den obersten Treffern angezeigt werden, sind Unternehmen bereit, viel Geld auszugeben. Zahlreiche IT-Unternehmen haben sich darauf spezialisiert, die Trefferlisten bei Google entsprechend zu verändern. "Damit helfen wir Google, die Seiten richtig zu indizieren", sagt Mauer. Anhand von 200 Kriterien entscheiden die "Googlebots" über die die Wichtigkeit einer Webseite. Wen sie nicht finden, der kommt in der Trefferliste nicht vor. Und kann es dann eigentlich ganz sein lassen mit dem Internet-Geschäft.
Der Nutzer merkt davon meist nichts. Dass Google selbst die Suchergebnisse seinem Surfverhalten anpasst, merkt er lediglich, wenn er als angemeldeter User seine Trefferlisten mit denen eines anderen Nutzers vergleicht. Denn die gespeicherten Daten über das Nutzerverhalten sorgen dafür, dass jeder Nutzer ausschließlich diejenigen Treffer gezeigt bekommt, die Google für ihn als interessant erachtet.
So können zwei User völlig unterschiedliche Suchergebnisse bekommen, wenn sie das Wort "Jaguar" bei Google eingeben. Wer zuvor bereits mehrfach nach der Automarke gesucht hat, dessen Suchergebnisse werden erneut das Fahrzeug in der Suchleiste weiter oben anzeigen. Wessen Suchhistorie Google zeigt, dass er nach Informationen über das Tier sucht, der bekommt bei der nächsten Suche Einträge über die Wildkatze.
Verlieren wir unsere Autonomie?
Verlieren wir unsere Autonomie, wenn wir einem Computer die Auswahl dessen überlassen, was uns interessieren könnte? Aus Protest gegenüber dieser Bevormundung läge es nahe, diesen Artikel gänzlich ohne die Nutzung der Google-Dienste zu verfassen. Das hieße jedoch, auf Folgendes zu verzichten: die Google-Suche der Kontaktdaten eines IT-Spezialisten zum Thema, das Youtube-Video, das Einblicke in das Google-System gewährt, den E-Mail-Kontakt mit einem Katastrophenforscher, und den praktischen Googlenews-Überblick über aktuelle Nachrichten zum Thema.
Währenddessen arbeiten die Techniker von Google bereits an der Entwicklung weiterer Features, die unser Leben immer mehr erleichtern sollen. Bereits jetzt erkennt die Handykamera dank Google Sky Map Sternenbilder am Nachthimmel. Bereits jetzt erkennt Google Navigation anhand der Zahl der Handysignale auf einer Straße, wo sich gerade ein Stau befindet und findet für den Autofahrer automatisch eine Umleitung. Bereits jetzt kann man mit der Maus ein Foto in die Google-Suchmaske ziehen und Google erkennt, dass darauf zum Beispiel der Pariser Eiffelturm abgebildet ist.
Droht die absolute Kontrolle?
Droht die absolute Kontrolle aller unserer Bewegungen und Handlungen durch die Weltmacht Google? Immerhin lässt der Internet-Gigant zu, dass man sich der Totalüberwachung zumindest in Ansätzen widersetzt. In den Profileinstellungen des Google-Kontos kann man bestimmen, dass Google keinerlei persönliche Daten über einen speichert.
Stichwortbezogene Werbung wird man dann zwar weiterhin erhalten. Aber dann weiß Google wenigstens nicht mehr, nach welcher Musik man im Internet gesucht, mit welchen Freunden gechattet und welche Reise geplant hat.