Hintergrund Wie das Handy unser Leben verändert hat
Ein Rückblick zeigt, wie sehr das Handy Einzug in unser Leben gehalten hat.
Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit weichen auf. Der Chef kann uns immer und überall erreichen, wenn das Handy angestellt ist. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen forderte unlängst klare Regeln für die Erreichbarkeit und Ruhezeiten, der DGB fordert eine Anti-Stress-Verordnung.
Unverzichtbar In einer Forsa-Umfrage wollten 60 Prozent der Jugendlichen lieber auf Sex als aufs Handy verzichten. Nur 39 Prozent der jungen Frauen und Mädchen konnten sich vorstellen, eine Woche lang ohne Handy auszukommen - bei den jungen Männern und Jungen war es nur noch eine knappe Mehrheit von 53 Prozent. Fast alle Heranwachsenden können ohne Handy keinen Disco- oder Konzertbesuch mehr planen.
Kontrolle Frühestens ab der 5. Schulklasse bekommen Kinder ein Handy. Nicht nur, weil ein großer sozialer Druck besteht, da Jugendliche fast ausschließlich über Smartphones kommunizieren. Sondern auch, weil Eltern wissen möchten, wo sich ihre Kinder aufhalten. Erreichbarkeit dient ihnen als Kontrollsystem.
Werte werden flexibler. Stumpfes Warten war einmal. Wer heutzutage im Stau steht, greift zum Telefon und kündigt die Verzögerung an. Der Gegenüber kann seine Zeit mit sinnvollen Alternativen füllen. Andersherum lassen sich mit dem Handy Termine schneller verschieben. Wir sind nicht mehr so auf Pünktlichkeit angewiesen wie einmal früher.
Gesundheit Problematische Folgen nicht ausgeschlossen - wissenschaftlich wurde zwar kein direkter Zusammenhang hergestellt, aber seit 1994, also in etwa mit dem Start der Massen-Mobiltelefonie, stiegen die Fehlzeiten aufgrund psychischer Leiden um 80 Prozent.
Handy-Sucht Eine Studie aus der Schweiz zeigte vor allem bei Jugendlichen besorgniserregende Befunde. Demnach sind Zehntausende handysüchtig und weisen Entzugserscheinungen auf, nimmt man ihnen das Mobiltelefon weg. Diese äußerten sich in Konzentrationsproblemen, Schlafmangel, Angstsymptome.
Das Handy ist überall Ende 2011 waren 112 Millionen Handy-Verträge in Deutschland registriert und damit weit mehr als es Einwohner gibt. Im Schnitt telefonieren die Deutschen 42 Stunden im Jahr per Handy und schreiben 700 SMS.
Telefonieren wird zur Nebensache Handys sind längst mehr als Mobiltelefone. Längst breiten sich massenhaft Smartphones aus. Sie bieten alle Vor- und Nachteile des mobil verfügbaren Internets. Der Trend ist eindeutig: Unser ganzes Leben digitalisiert sich und passt in das kleine Gerät in der Hosentasche. Übrigens: Alleine in diesem Jahr sollen 18 Millionen Smartphones verkauft werden. Schon seit Jahren werden Handys auch lieber für das Schreiben von SMS genutzt.
Privater und öffentlicher Raum verwachsen miteinander Wer kennt das nicht? Telefonate werden mit wachsender Selbstverständlichkeit im Zug, auf der Straße, im Cafe oder Restaurant geführt. Wer will, kann zuhören.
Echte Bindungen bleiben uns wichtig Mit jeder neuen Technik kommen neue Befürchtungen auf. Das war auch beim Handy nicht anders. Doch die Nutzung von mobilen Telefonen hat uns nicht zu isoliert lebenden Individuen mutieren lassen, wie einmal angenommen wurde. Private Bindungen mit einem echten Gegenüber bleiben uns unverändert wichtig.