Webcomic "meta bene" Kleine Tiere, kluge Worte

Düsseldorf · Mit seinem Tusche-Webcomic "meta bene" schafft der Künstler Robin Thiesmeyer Lakonisch-Launiges, das perfekt bei Facebook und Twitter teilbar ist. Dass der ganz große Erfolg noch ausbleibt, stört ihn nicht – weil es mehr Freiheit bedeutet.

meta bene: Bilder aus dem Webcomic von Robin Thiesmeyer
13 Bilder

Die Tiere sind unruhig: Bilder aus "meta bene"

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Im "Dschungelcamp" dienen Kakerlaken dazu, C-Prominenz zu ekeln – Robin Thiesmeyer zeichnet sie hundertfach in je sieben Tuschestrichen auf Papier und lässt sie philosophieren. Über Arbeit und Privates, Zeit und Geld sowie, natürlich, über die Liebe.

Es gibt wahrlich größere Sympathieträger als die Krabbeltiere, doch Thiesmeyer mag die Struktur ihrer Schwärme und die Möglichkeit, einzeln Exemplare vielsagend zu positionieren – einaner zu- oder abgewandt oder hilflos auf dem Rücken. Also malt er sie, in einem Blog namens "meta bene", bei Facebook und Twitter. Es gibt wahrlich eingängigere Namen ("NichtLustig", "Postillon"), doch die sind auch eindeutiger, und Thiesmeyer mag Mehrdeutigkeit, in diesem Fall Assoziationen mit Nota bene (Latein für "beachte wohl" oder "übrigens") und der Metaebene.

Außerdem lässt der gebürtige Bonner – 36 Jahre alt, Ehemann und Vater, Diplom in Kreativem Schreiben, Brotjob: Texter und Illustrator, uneitel bis zum Nichtbesitz eines Pressefotos – in seinen minimalistischen Bildern auch andere Tiere sprechen.

"Findest du mich eitel?", fragt da etwa ein versnobter Kranich sein Spiegelbild. "Gegenwartsliteratur ist nur im Präsens perfekt", sinniert ein anderer. Betrübte Pinguine hadern mit der Schwerkraft und sozialer Kälte. Metaphernbesessene Schnecken üben sich in Managersprech ("Die Zukunft wird das nächste große Ding"), handelsübliche Fische neiden Delphinen ihre Beliebtheit.

Und kernige Antilopen lassen ihre Verehrer rüde auflaufen: "Ich mag dich." – "Ich mag Pommes."

"Ich will nicht immer lustig sein müssen"

Mehr als 400 Bilder dieser Art sind seit Oktober 2013 entstanden. Sie finden ihre Fans – rund 5500 bei Facebook, knapp 4000 bei Twitter –, doch viral verbreitete sich bislang nur Thiesmeyers Zeichnung eines Asts ohne seinen geflügelten, schwermütigen Stammgast, ein Kommentar zum Twitter-Verbot in der Türkei. Bildunterschrift: "Wer das Zwitschern verbietet, kann den Frühling damit nicht verhindern."

Türkisches Sprichwort pic.twitter.com/8KSEoUji3A

— meta bene (@meta_bene) 21. März 2014Retweets, Likes und warme Worte in den Sozialen Medien sind das Brot des Künstlers. Doch damit lassen sich nicht nur keine Rechnungen bezahlen – sie können auch limitierend wirken. "Die lustigen Bilder laufen besser", hat der 36-jährige Wahlberliner beobachtet. Deshalb steuert er gegen, gegen die Bequemlichkeit und Gefallsucht in ihm und die Verlockung, sich selbst zu sehr zu imitieren. "Ich möchte mir die Freiheit erhalten, nicht immer lustig sein zu müssen."

Zum Glück. Denn in gewisser Weise ist es notwendig, dass Thiesmeyer neben den Gag-trächtigen zwischenmenschlichen Beziehungen auch die großen trockenen Themen unserer Zeit von Asyl über "work-life-balance" bis Zukunftsangst thematisiert.

— meta bene (@meta_bene) 21. Dezember 2014Den teils bekannten Aphorismen gewinnt er dabei oft neue Seiten ab und regt immer wieder an zum Perspektivwechsel. Ist der flugunfähige Pinguin nur eine selbstmitleidige arme Sau – oder steckt ein Körnchen Wahrheit darin, dass die anderen Vögel "keinen Respekt vor der Schwerkraft" haben? Wie ernst zu nehmen ist die Geisteshaltung des Fischs, der bemerkt, dass an Land eben nicht nur der Tod warte – sondern auch Käsekuchen? Wie tröstlich ist die Erkenntnis des misanthropen Pinguins: "Es gibt mehr Sterne als Idioten!"

Über einen Kalauer geht auch weit hinaus, was zwei Antilopen einmal thematisieren. "Keiner versteht mich", sagt die eine. Die andere rät: "Dann sprich lauter."

(tojo)
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