Smartphone im Test Samsung Galaxy S10+ - teures Prachtstück

Düsseldorf · Mit der Galaxy-S10-Familie tritt Samsung gegen Apples iPhone und viele hochgerüstete Android-Smartphones chinesischer Rivalen an. Unser Testgerät, das Topmodel Samsung Galaxy S10+, kam mit ein paar Schwächen, die mittlerweile durch Updates weitgehend ausgemerzt sind.

Smartphone Samsung Galaxy S10+ im Test
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Samsung Galaxy S10+ im Test

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Foto: Christoph Schroeter

Das Samsung Galaxy S10+ ist ein wirklich schönes Smartphone. Das sagt hier jemand, der mit der Galaxy-S-Reihe noch nie so richtig warm geworden ist. Aber beim aktuellen Spitzenmodell hat Samsung wirklich gute Arbeit geleistet: Der riesige Bildschirm ist unglaublich brillant, der seitliche Rahmen besteht aus roségold schimmerndem Metall, die Rückseite aus weißer Keramik bietet eine klasse Haptik. Gegenüber den sonst üblichen Glas- oder Metallrücken hat Keramik überdies den Vorteil, sehr viel weniger anfällig für Fingerabdrücke zu sein.

Sehr lobenswert gegenüber früheren Galaxy-S-Modellen ist die neue hauseigene UI, die Samsung über das vorinstallierte Android Pie gelegt hat. Sie heißt One und ist deutlich entschlackt worden und viel intuitiver zu bedienen als das, was Samsung seinen Kunden in der Vergangenheit zugemutet hat.

Viel Lob, doch als das Gerät im Februar in der Redaktion eintraf, tauchten direkt einige Schwachstellen auf, die man sich bei einem Gerät für 1249 Euro eigentlich nicht wünscht.

Da war zunächst der Fingerabdrucksensor. Der liegt bekannterweise beim S10+ im Display - und funktionierte anfangs in unserem Test mehr schlecht als recht. Dreimal, viermal wurde der Finger nicht erkannt, nach dem fünften Mal fordert das Gerät die Eingabe der Pin. Das war anfangs eher die Regel als sie Ausnahme. Glücklicherweise hat Samsung mittlerweile einen Patch verteilt. Dieser hat die Zuverlässigkeit des Sensors deutlich verbessert. Perfekt ist er aber immer noch nicht. Das Entsperren etwa beim Pixel 3 XL geht deutlich schneller und vor allem zuverlässiger über die Bühne.

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Foto: dpa-tmn/Till Simon Nagel

Das Galaxy hat auch eine Gesichtserkennung. Doch im Gegensatz zu Apples FaceID lässt sich diese nach wie vor durch Fotos oder Videos austricksen. Samsung selbst weist bei der Einrichtung darauf hin, es bestehe „eine gewisse Möglichkeit“, dass „jemand, der Ihnen ähnlich sieht oder ein Bild Ihres Gesichts verwendet, Ihr Telefon entsperren könnte“.

Ein weiteres Ärgernis war der Akku. Man fragte sich nach wenigen Stunden schon: Steckt da tatsächlich ein 4100 mAh großer Kraftspender unter der Haube? Bei der Entleerung des Akkus konnte man fast zuschauen. Bei normaler Nutzung kam man jedenfalls ohne Stromsparmodus nicht über den Tag. Das geht für ein solch teures Modell gar nicht.

Doch auch hier hat Samsung offenbar nachgebessert, wenn das auch nicht offiziell kommuniziert wurde. Seit dem April-Update hält der Akku jedenfalls deutlich länger durch. Die Experten der Seite SamMobile vermuten, Samsung habe wohl einige Softwarefehler behoben, die sich negativ auf den Stromverbrauch ausgewirkt haben.

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Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Leider kommt das S10+ aber noch immer nicht an die fast schon unheimliche Akku-Power des direkten Konkurrenten Huawei P30 Pro heran. Das Huawei-Flaggschiff hat einen ähnlich großen Akku, geht mit den Kraftreserven aber so sparsam um, dass man problemlos zwei Tage über die Runden kommt. Unser Testgerät etwa wurde am Donnerstagmorgen vom Netzteil genommen, dann wurden drei Stunden Videos geschaut und das Gerät dann liegen gelassen. Am Sonntagnachmittag hatte der Akku noch immer 65 Prozent Leistung. Ein super Wert, an den das Samsung-Gerät (noch) nicht heranreicht.

Mit einer Einschränkung absolut spitzenmäßig war von Anfang an die Dreifach-Kamera des Samsung Galaxy S10+. Verbaut sind eine 12-Megapixel-Hauptkamera mit einer variablen Blende bis f/1.5, eine 12-Megapixel-Telekamera mit zweifachem optischem Zoom und einer Blende f/2.4 sowie eine 16-Megapixel-Super-Weitwinkel-Kamera mit einer Blende f/2.2.

Besonders hervorzuheben ist die Super-Weitwinkel-Kamera. Mit ihr lassen sich beeindruckende Aufnahmen zaubern, bei unserem Testgerät war sie quasi die Standardkamera. In manchen Fällen führt das allerdings zu leichten Verzerrungen, besonders bei Nahaufnahmen im Hochformat. Dan hatten Personen schon einmal etwas langgezogene Köpfe. Das Problem lässt sich in den Einstellungen jedoch durch Aktivierung des Punktes „Ultra-Weitformat-Korrektur“ weitgehend beheben.

Was zunächst nicht gefiel, war der Nachtmodus. Der konnte nämlich nicht händisch aktiviert werden, man musste sich darauf verlassen, dass die Kamera-KI so gnädig war, ihn einzuschalten. Das Manko hat Samsung mittlerweile ebenfalls mit einem Update behoben. Schießt man Nacht-Vergleichsaufnahmen mit dem S10+, dem Huawei P30 Pro und dem Google Pixel 3 XL, so sind die Ergebnisse, verglichen mit dem, was man noch vor einiger Zeit bei Aufnahmen in der Dunkelheit abgeliefert bekam, schon sehr beeindruckend. Trotzdem muss sich das S10+ bei diesem Dreiervergleich mit der Bronzemedaille begnügen. Die Aufnahmen des Pixel 3 XL sind etwas besser, der erste Platz geht jedoch ganz klar an die Leica-Kamera des Huawei P30 Pro.

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Foto: dpa-tmn/Crosscall

Ähnlich gute Ergebnisse wie die Konkurrenz liefert der Porträtmodus des Samsung-Geräts. Leider liegt er jedoch einen Menüpunkt zu weit unten, was die Bedienung etwas umständlicher macht. Alternativ kann man auch hier auf die KI der Kamera setzen. Doch sind die Ergebnisse über den Kamerapunkt „Live-Fokus“>>“Unschärfe“ deutlich besser, als die des KI-gesteuerten Porträmodus’.

Das Display des S10+ ist 6,4 Zoll groß und löst mit WQHD+ auf, das sind 3040 x 140 Pixel. An der Brillanz des Bildschirms gibt es nichts auszusetzen, er dürfte derzeit von kaum einem anderen Display zu toppen sein. Farbtreue, Blinkwinkelstabilität sowie Kontrastwerte suchen ihresgleichen. In einem kleinen Oval oben rechts hat Samsung die doppelte Frontkamera im Display verbaut - und verzichtet damit weiter auf den derzeit recht verbreiteten Notch vieler Konkurrenzmodelle. Die Bildschirm-Größe schlägt sich natürlich im Gewicht nieder: Mit 198 Gramm ist das Galaxy S10+ kein Leichtgewicht - jedoch nur sechs Gramm schwerer als das Huawei P30 Pro.

Keine Sorgen zu machen braucht sich ein S10+-Besitzer beim Thema Speicher. Unser Testgerät hat 8 GB Arbeitsspeicher und satte 512 GB internen Speicher, der per MicroSD-Karte sogar noch aufgestockt werden kann, dann jedoch zulasten der möglichen zweiten SIM-Karte. Es gibt sogar noch eine Variante mit 12 GB Arbeitsspeicher und 1 TB internem Speicher, wofür 1599 Euro fällig werden. Seit Anfang April bietet Samsung das S10+ in Deutschland auch mit Glasrückseite und einem auf 128 GB abgespeckten Speicher an, für 999 Euro.

Ebenfalls keinen Grund zur Sorge gibt der sehr potente, in den europäischen S10-Modellen verbaute Prozessor Exynos 9820. Den dürfte wohl kaum ein Nutzer an seine Grenzen bringen.

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Foto: Christoph Schroeter

Ansonsten kann man bei allen S10-Versionen die Checklisten modernster Smartphone-Ausstattung abarbeiten: Das neue Bluetooth 5.0 und das auch als WiFi 6 bekannte zukunftssichere „ax“-WLAN. Dazu gibt es ein superschnelles LTE, das zumindest in entsprechend ausgerüsteten Netzen Download-Geschwindigkeiten von bis zu zwei Gigabit pro Sekunde schaffen soll.

Zudem ist das Samsung Galaxy S10+ eine mobile, drahtlose Ladestation: Geräte wie die neuen Samsung-Ohrhörer oder die Computer-Uhr, aber auch andere Smartphones wie das Pixel 3 oder das Huawei P30 Pro, kann man durch Auflegen auf den Smartphone-Rücken aufladen - das Telefon nutzen kann man in dieser Zeit allerdings nicht. Eine Schnellladefunktion gibt es dort jedoch nicht, weshalb man das Laden anderer Smartphones auf den Notfall beschränken sollte.

Auf zwei Ärgernisse sei noch hingewiesen: Warum packt Samsung Apps auf das Handy, die sich nicht deinstallieren lassen? Facebook etwa, Microsoft OneDrive oder Microsoft Office Mobile und einige Samsung-Apps befinden sich auf dem Gerät und lassen sich allenfalls deaktivieren. Die Zeiten solcher Bloatware gehören bei anderen Herstellern glücklicherweise bereits der Vergangenheit an.

Völlig überflüssig ist auch der Bixby-Button an der linken Seite. Im Auslieferungszustand ist er sogar sehr störend, weil schon ein versehentliches Drücken den Einrichtungsprozess von Samsungs Assistenten startet. Immerhin kann man das auf ein Doppeldrücken abändern. Und mittlerweile kann der Knopf auch anderweitig belegt werden. Nicht jedoch mit dem Google Assistant - und auch nur, wenn man Bixby eingerichtet hat. Sehr nervig das Ganze.

Fazit: Trotz unserer Meckereien ist das Samsung Galaxy S10+ ein Top-Smartphone. Das abgespeckte UI, die Haptik, der Bildschirm, die Kameras, die allgemeine Performance - das sind alles echte Kaufargumente. Trotzdem muss man mächtig tief in die Tasche greifen, um das Gerät sein Eigen nennen zu können. Dafür wird der Kauf des nächsten Smartphones dann aber auch nicht so schnell notwendig. Mit dem S10(+) hat man ein zukunftssicheres Gerät - sogar mit Kopfhöreranschluss.

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