Neue Google-Smartphones So schlagen sich Pixel 6 und Pixel 6 Pro im Alltag

Düsseldorf · Mit dem Pixel 6 und dem Pixel 6 Pro will Google gegen andere Flaggschiffe antreten. Dazu hat man bei Design und technischer Ausstattung geklotzt. Wie sich die Smartphones schlagen, zeigt unser Test - und beantwortet die Frage, zu welchem der beiden Gräte man greifen sollte.

 Dicker Balken für viel Kamera-Leistung. Die neuen Pixel 6 (u.) und 6 Pro (o.) haben ein polarisierendes - andere sagen mutiges - Design.

Dicker Balken für viel Kamera-Leistung. Die neuen Pixel 6 (u.) und 6 Pro (o.) haben ein polarisierendes - andere sagen mutiges - Design.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Besonders der prägnante schwarze Kameraaufbau - er erstreckt sich einmal quer über die Gehäuserückseite - macht das Pixel 6 und das Pixel 6 Pro zu Hinguckern, dazu kommen die sanften Pastellfarben. Und erneut ist die Kamera auch das Herzstück der neuen Pixel - zusammen mit einem neuen Tensor-Prozessor.

Knapp drei Millimeter erhebt sich der Kamerasteg über die Smartphonerückseite. Dafür erntet Google nicht nur Applaus, Fans der Handys aus Mountain View fühlen sich dagegen an das Nexus 6P aus dem Jahr 2015 erinnert, das mit einem ähnlichen Designkniff daherkam. Bei unserem Test störte der Steg nicht. Unter anderem sorgt er dafür, dass die 6er Pixel fest auf dem Tisch liegen und bei Bedienung nicht hin- und herwackeln.

Zudem gibt es dafür handfeste technische Gründe. Google verbaut in den beiden neuen Pixel-Modellen einen vergleichsweisen großen Bildsensor. Er soll nach Unternehmensangaben 150 Prozent mehr Licht aufnehmen als bisherige Modelle.

Starke Kamerahardware - und Software Nach Jahren hat sich Google endlich für einen moderneren Kamerasensor entschieden: Ein 50-Megapixel-Weitwinkelobjektiv (Blende: ƒ/1,85) und ein 12-Megapixel-Ultraweitwinkelobjektiv (Blende: ƒ/2.2). Beim Pixel 6 Pro kommt noch eine 48-Megapixel-Teleobjektivkamera mit vierfachem optischem Zoom dazu (Blende: ƒ/3,5). Im Vergleich zu den Vorgängern ist das ein Riesensprung nach vorne.

 Sprechen, kurz warten, Übersetzung ist da. Das Google Pixel 6 bringt die Echtzeitübersetzung in andere Sprachen auf ein neues Level.

Sprechen, kurz warten, Übersetzung ist da. Das Google Pixel 6 bringt die Echtzeitübersetzung in andere Sprachen auf ein neues Level.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Neben der Hardware mit Laser-Autofokus und umfangreicher Bildstabilisierung liegt bei den Pixel-Smartphones der Fokus aber nach wie vor auf innovativer Kamera-Software. Nach dem Knips ist es beim Pixel Zeit für umfangreiche Bildoptimierung. Das Ergebnis im Praxistest: Kontrastreiche Fotos mit natürlichen Farben.

Als Vorreiter in Sachen Nachtfotografie auf dem Smartphone kommen auch die Pixel 6 mit wenig Licht sehr gut zurecht. Nachtaufnahmen zeigen viele Details, es gibt kaum Bildrauschen. Allerdings übertreibt es die Software ein wenig mit der Aufhellung, die Nachtaufnahmen sind oft gar nicht mehr als solche zu erkennen, sehen aus wie Fotos kurz nach Sonnenuntergang. Das macht etwa das iPhone 13 Pro aktuell etwas besser. Da es sich hierbei um ein Softwarefeature handelt, könnte Google nachbessern.

Spannende Spezialeffekte durch KI Toll und innovativ sind die Pixel-6-exklusiven Sonderfunktionen: Mit Langzeitbelichtungen lassen sich spannende Lichteffekte einfangen. In einem speziellen Modus kann man einen Schwenkeffekt erzeugen, den sonst nur Profis beherrschen.

Der Action-Modus konzentriert sich dabei auf das sich bewegende Motiv und fügt dem Hintergrund eine kreative Unschärfe hinzu. Oder im anderen Fall bekommen die sich bewegenden Objekte eine ordentliche Portion Bewegungsunschärfe, ein ausfahrender Zug etwa löst sich in farbige Streifen auf, die Personen davor auf dem Bahnsteig sind gestochen scharf. Mit den beiden Modi lassen sich auf Anhieb und ohne viel Übung beeindruckende Ergebnisse erzielen.

 Das Pixel 6 Pro (l.) hat im schwarzen Balken noch eine Zoomkamera mit Periskoplinse.

Das Pixel 6 Pro (l.) hat im schwarzen Balken noch eine Zoomkamera mit Periskoplinse.

Foto: dpa-tmn/Christoph Dernbach

Das Pixel kann aber auch künstlich scharfzeichnen, wenn beispielsweise eine Person gerade springt. Wo Smartphone-Kameras sonst nur hoffnungslos verwischte und unscharfe Bilder produzieren, sorgt der Scharfzeichner des Pixel 6 für Erfolgserlebnisse. Die Kameras nehmen hierzu zwei Fotos gleichzeitig auf, eins mit einer sehr kurzen Belichtungszeit. Aus diesem wird das scharfe Gesicht dann in das eigentliche Foto übertragen. Der Modus funktioniert aber nur dann richtig, wenn es gelingt, das Gesicht ordentlich zu erfassen. Dann hat die KI-Software einen Anhaltspunkt, welche Bildbereiche nachgeschärft werden müssen und welche dynamisch verwischt bleiben können.

Dynamisches Display spart Strom Das Pixel 6 hat eine Bildschirm-Diagonale von 16,3 Zentimeter (6,4 Zoll), 6,7 Zoll (17 Zentimeter) sind es beim Pixel 6 Pro. In beiden Smartphones wurden OLED-Displays verbaut. Mit variabler Bildwiederholfrequenz passen sich die Displays an die jeweilige Nutzung an. Das langsame Scrollen in einem Text erfordert eine geringere Taktung als ein anspruchsvolles Spiel. Die Taktraten liegen zwischen 10 und 90 Hertz beim Pixel 6 beziehungsweise 120 Hertz beim 6 Pro.

Um den schlechten Ruf der Pixel-Smartphones bei den Batterielaufzeiten abzulegen, macht Google aber mehr als clevere Displaysteuerung und Software-Maßnahmen zum Stromsparen. Es gibt auch größere Akkus mit einer Kapazität von 4600 mAh (Pixel 6) beziehungsweise 5000 mAh (Pixel 6 Pro). Damit sollte die Akkulaufzeitdebatte verstummen. Im Praxistest können die Geräte die Erwartungen dann leider nicht ganz erfüllen. An die Laufzeit des iPhone 13 etwa kommen die Geräte nicht heran. Doch auch hier ließe sich mit Software-Updaten nachhelfen.

Im Gegensatz zu den aktuellen iPhone-Modellen kann man die neuen Pixel derzeit noch nicht per Gesichtserkennung entsperren. Gerüchten zufolge, soll Google die Funktion aber demnächst nachrüsten. Bislang gelingt das Entsperren nur über die in das Display integrierten, optischen Fingerabdrucksensoren. Die sind jedoch deutlich langsamer, als man es von der Konkurrenz oder auch dem Pixel 5 kennt - aus gutem Grund, wie Google sagt. Doch dazu mehr im nächsten Absatz.

 Mutiges Design, starke Hardware im Inneren. Das neue Pixel 6 räumt mit vielen Kritikpunkten der Vorgängergenerationen auf.

Mutiges Design, starke Hardware im Inneren. Das neue Pixel 6 räumt mit vielen Kritikpunkten der Vorgängergenerationen auf.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Probleme bei den Pixel-6-Geräten Ganz ohne Probleme starten wohl nur die wenigsten Smartphones in den Markt, so auch die neuen Pixel-Geräte. Die bereits erwähnten Fingerabdrucksensoren wurden vielfach kritisiert, weil sie recht langsam arbeiten. Google hat darauf reagiert und erklärt, dabei handele es sich um eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme, die in einigen Fällen etwas mehr Zeit und auch einen direkteren Kontakt mit dem Finger benötige.

Auch berichten Nutzer, dass der Sensor nach einer kompletten Akku-Entladung nicht mehr zu nutzen sei. Nachdem der Akku wieder geladen sei, würde der Sensor vom Betriebssystem nicht mehr erkannt. Dazu hat sich Google noch nicht geäußert. An unserem Testgerät konnten wir diesen Fehler nicht feststellen.

Andere Pixel-6-Geräte sollen gar von ganz allein Leute aus dem Adressbuch anrufen. Auch diesen Bug konnten wir nicht nachvollziehen. Eine temporäre - wenn auch unbefriedigende - Lösung soll die Deaktivierung des Google Assistant sein.

Dass einige Nutzer von einem zweiten Loch für die Frontkamera im Display berichten, ist wohl auf eine schlechte Qualitätskontrolle in der Fertigung der Geräte zurückzuführen. Hier dürfte nur der Umtausch des Smartphones für Abhilfe sorgen.

 Einmal groß mit runden Kanten beim Pixel 6 Pro (l.) und etwas kleiner und flacher beim Pixel 6 (r.).

Einmal groß mit runden Kanten beim Pixel 6 Pro (l.) und etwas kleiner und flacher beim Pixel 6 (r.).

Foto: dpa-tmn/Christoph Dernbach

Der magische Radierer Diese neuen Kamera-Funktionen sind Beispiele für Anwendungen der künstlichen Intelligenz (KI). Sie stehen bei den neuen Pixel-Modellen so stark wie nie zuvor im Vordergrund. Dafür hat sich Google auch von Qualcomm als Lieferant des Hauptchips verabschiedet und verbaut nun einen selbst entworfenen Chip. Er heißt „Tensor Processing Unit“ (TPU).

Eine neue Funktion, die zunächst der KI-Power der Pixel 6 zugeschrieben worden war, ist der „magische Radierer“. Damit kann man mit einem Fingertipp Objekte aus dem Bild entfernen - etwa störende Touristen im Hintergrund der perfekten Urlaubserinnerung. Da die Funktion jedoch zwischenzeitlich auch auf anderen Smartphones aufgetaucht war - etwa dem Pixel 4a - hat sie wohl nichts mit der „Tensor-Power“ zu tun.

Der „magische Radierer“ ist eine Funktion der Kamera-App und schlägt nach einer schnellen Analyse die Bildbereiche vor, die „gesäubert“ werden sollen. Man kann aber auch manuell Löschbereiche vorschlagen, wenn beispielsweise eine Hochspannungsleitung störend quer durchs Bild läuft. Das funktioniert nicht nur mit aktuellen Fotos, sondern mit alten Bildern aus dem Fotoarchiv. Vorgestellt hatte Google den „magischen Radierer“ bereits vor Jahren, jetzt wurde das Feature endlich freigeschaltet. Und es funktioniert zumindest bei gleichmäßigen Hintergründen erstaunlich gut.

 Ein OLED-Träumchen. Das Display des Pixel 6 Pro regelt seine Bildwiederholfrequenz dynamisch, ist schon hell und macht im Alltag eine gute Figur.

Ein OLED-Träumchen. Das Display des Pixel 6 Pro regelt seine Bildwiederholfrequenz dynamisch, ist schon hell und macht im Alltag eine gute Figur.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Übersetzung in Echtzeit? Kein Problem! Die KI-Fähigkeiten demonstriert das neue Pixel auch beim Umgang mit gesprochener und geschriebener Sprache. „Google Lens“ erkennt Textstellen im Bild und bietet eine Übersetzung an. Das funktioniert offline mit 55 Sprachen, online mit 104 Sprachen. In Chatprogrammen kann das Pixel 6 live übersetzen. Ganz perfekt klappt das zwar nicht, ist aber gut genug, um eine Konversation in einer völlig fremden Sprache am Laufen zu halten.

Ein seit dem Pixel 4 verfügbares praktisches Feature gibt es nun auch auf Deutsch: Die Rekorder-App kann jetzt nämlich nicht nur Sprache als Audiodatei aufzeichnen, das Gerät verwandelt sie auch ohne Internetanbindung in Echtzeit in geschriebenen Text.

Das ist ausgesprochen praktisch. Wer beispielsweise mal ein längeres Interview oder eine aufgezeichnete Vorlesung abtippen musste, weiß so etwas zu schätzen. Die Qualität der Transkripte hängt allerdings stark von der Audioqualität der Aufnahmen ab. Daher lohnt es, sich vorab ein paar Gedanken über eine optimale Position des Mikrofons zu machen. So gut das auf Englisch inzwischen klappt, sogar mit korrekter Zeichensetzung, in Deutsch muss das Ergebnis noch verbessert werden.

Fünf Jahre frische Software garantiert Ab Werk gibt es mit Android 12 das neueste verfügbare Betriebssystem. Google garantiert Software-Updates für die kommenden fünf Jahre, darunter drei große neue Android-Versionen. Mit dem neuen Android gelangt auch die neue Oberfläche „Material You“ auf die Smartphones. Dabei passt sich das Farbschema der Schriften und Schaltflächen dynamisch ans aktuelle Hintergrundbild an.

 Googles neues Pixel 6 (l.) gibt es ab 650 Euro, das Pixel 6 Pro ab knapp 900 Euro.

Googles neues Pixel 6 (l.) gibt es ab 650 Euro, das Pixel 6 Pro ab knapp 900 Euro.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Android 12 liefert aber nicht nur eine hübsche und aufgeräumte Optik. Das Betriebssystem soll auch einen besseren Schutz der Privatsphäre liefern. Dabei kommt dem bei Google in München entwickelten Privacy-Dashboard eine zentrale Bedeutung zu. Hier können Nutzerinnen und Nutzer überprüfen und einstellen, welche Berechtigungen Apps tatsächlich haben.

Fazit: Google hat ein echtes Flaggschiff geschaffen Mit der Abkehr von Qualcomm und der Integration des eigenen Tensor-Chips gelingt Google beim Pixel 6 und 6 Pro ein großer Wurf. Zum Teil spektakuläre KI-Funktionen, eine sehr gute Kamera und eine verbesserte Akku-Laufzeit sorgen dafür, dass Google mit dem Pixel 6 und dem Pixel 6 Pro in der Champions League der Smartphones mitspielen kann. Auch die Sicherheitsupdate-Garantie von fünf Jahren ist vorbildlich. Sie sollte in der Branche Standard werden. Auch beim Pixel 6 verspricht Google, mit regelmäßigen „Feature Drops“ neue Funktionen auf seine Smartphones zu überspielen.

Wer nicht häufig auf ein Teleobjektiv angewiesen ist, sollte sich für das Pixel 6 entscheiden. Mit knapp 650 Euro für 8 GByte Arbeitsspeicher und 128 GByte Flash-Speicher ist es deutlich günstiger als das Pro-Modell. Das Pixel 6 Pro mit 12 GByte RAM und 128 GByte Flash-Speicher kostet knapp 900 Euro. Für die üppiger ausgestattete Variante mit 256 GByte Speicher verlangt Google knapp 1000 Euro.

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