RIM stellt neues Modell vor Neues Blackberry 10 soll iPhone jagen

New York · Blackberry hat sich bei der Vorstellung seines Hoffnungsträgers nicht lumpen lassen. Das kanadische Unternehmen RIM mietete zur Vorstellung des neuen Smartphone-Systems Blackberry 10 einen der größten Veranstaltungsorte in New York an. Der Grund liegt auf der Hand: Das neue Handy ist zum Erfolg verdammt.

Das ist das neue Blackberry 10
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Dabei hat RIM im vergangenen Jahr wegen des Vormarschs von Apples iPhone und der Android-Handys mehrere Hundert Millionen Dollar Verlust gemacht und baut deshalb gerade 5000 Stellen ab. Der betriebene Aufwand macht klar: Blackberry 10 muss ein Erfolg werden.

Was kann das neue Blackberry?

Das neue Betriebssystem, an dem Blackberry rund zwei Jahre gearbeitet hat, unterscheidet sich in der Bedienung deutlich von anderen Plattformen auf dem Markt. Blackberry 10 soll mit einer ausgeklügelten Gesten-Bedienung einen schnellen Wechsel zwischen Anwendungen ermöglichen und neue Nachrichten an einem Ort sammeln. Eine intelligente Software-Tastatur soll das Tippen auf dem Touchscreen erleichtern. Wortvorschläge erscheinen während des Tippens zwischen den Buchstaben und können mit einer Wischgeste ausgewählt werden.

Ein wichtiges Feld für die Zukunft ist die Verbindung zur Elektronik im Auto sowie Haushalts-oder Gesundheitstechnik, kündigte Heins an.

Vor allem will Blackberry die Geschäftskunden zurückgewinnen, die bisherige Stammkundschaft. Die neue Software ermöglicht eine strikte Trennung zwischen Beruflichem und Privatem. So kann ein Firmen-Administrator die geschäftlichen Daten eines Mitarbeiters kontrollieren, ohne dessen private Fotos oder E-Mails anzurühren. Diese Funktion heißt Blackberry Balance.

Der Hub - das Zentrum für soziale Netzwerke

Beim Blackberry Hub wiederum laufen alle Nachrichten zusammen - egal ob E-Mail, Twitter, Facebook oder Mitteilungen aus anderen Sozialen Netzwerken. Das soll für einen schnellen Überblick sorgen.
Erste Tester waren begeistert von den Funktionen und Blackberry konnte auch Entwickler von Apps gewinnen, neue Programme für Blackberry 10 zu schreiben.

Der Chatdienst Blackberry Messenger wird vom reinen Text- zum Videochat. Blackberry-Nutzer können außerdem den Inhalt ihres Smartphones auf das Display anderer Blackberrys übertragen (Screenshare). Mit Blackberry 10 startet auch eine neue Downloadplattform namens Blackberry World. Dort gibt es Musik, Fernsehserien und Filme. Dazu kommen Apps und Spiele - Blackberry verspricht zum Start mehr als 70.000 Anwendungen. Darunter seien SAP-Anwendungen ebenso wie der beliebte Nachrichtendienst WhatsApp, der Telefoniedienst Skype, Amazons E-Book-Software Kindle oder das Spiel "Angry Birds".

Die ersten zwei Smartphones mit dem neuen Betriebssystem heißen Q10 und Z10. Das Z10 hat einen 4,2 Zoll großen Touchscreen mit einer Auflösung von 1280 mal 768 Bildpunkten sowie einen 1,5 Gigahertz schnellen Zweikernprozessor und 16 Gigabyte internen Speicher. Das Display des Q10 misst nur 3,1 Zoll, dafür hat das Telefon aber auch eine physische Tastatur. Wann die Smartphones zu welchem Preis auf den deutschen Markt kommen, gab der Hersteller zunächst nicht bekannt.

Thorsten Heins - der Macher des neuen Blackberrys

Der Mann, der diesen Erfolg garantieren soll, heißt Thorsten Heins und kommt aus Deutschland. "Das ist eine der größten Neuvorstellungen in unserer Branche", sagte der Blackberry-Chef am Mittwoch am Pier 36, einer alten Lagerhalle in Downtown Manhattan direkt am East River. Hier hatte schon VW seinen Retro-Käfer Beetle vorgestellt, der Bierbrauer Heineken hatte für ein Konzern Cee-Lo Green auf die Bühne geholt, und auch eine Hochzeit mit 900 Leuten fand hier schon statt.

Parallel gab es Veranstaltungen in London, Paris, Toronto, Dubai und Johannesburg. Der Tag begann mit der Nachricht, dass der Blackberry-Hersteller Research in Motion (RIM) sich in Blackberry umbenennt, dann folgte die Präsentation der beiden Smartphones, eines mit der bekannten Tastatur, eines mit reinem Touchscreen.

Für das Unternehmen sei dies die "wichtigste Veranstaltung in der Firmengeschichte seit 1996", stellte die "New York Times" fest. Damals hätten die Firmengründer Investoren ein kleines Stück Holz gezeigt und versprochen, dass eine derart geformte drahtlose E-Mail-Maschine das Geschäft für immer verändern werde. Die Prophezeiung bewahrheitete sich: Die Blackberrys wurden zum Statussymbol der Manager auf der ganzen Welt - und ebneten letztlich auch iPhone und Co. den Weg.

Blackberry kämpft ums Überleben

Doch statt den Markt anzuführen, kämpft Blackberry mittlerweile ums Überleben. Die Kanadier setzten bei ihren Blackberrys zu lange auf eine Tastatur und verschliefen den Trend zu berührungsempfindlichen Bildschirmen. Diesen Markt rollte Apple auf - und überrollte schließlich RIM. Später kam Google mit seinem Android-Betriebssystem hinzu, das etwa die beliebten Galaxy-Geräte von Samsung antreibt.

Firmenchef Heins steht seit einem Jahr an der Spitze. "Es war das herausfordernste Jahr meiner Karriere", sagte er. Gleichzeitig sei es aber auch das Erfüllendste gewesen. Der Mitfünfziger hatte Karriere in der früheren Kommunikationssparte von Siemens gemacht, bevor er 2007 zu RIM wechselte und vor der Berufung auf den Chefposten das Tagesgeschäft führte. Er löste das zuletzt heftig kritisierte Führungsduo Mike Lazaridis und Jim Balsillie ab.

Heins wusste um die schwierige Aufgabe und griff durch: Er streicht fast jeden Dritten der einst 16.500 Jobs und drückt damit die Kosten um eine Milliarde Dollar. Gleichzeitig hielt er seinen Entwicklern den Rücken frei, um das neue Betriebssystem Blackberry 10 zur Perfektion zu bringen. Mehrere Male wurde die Veröffentlichung verschoben, die Investoren wurden unruhig. Doch Heins bewies ein breites Kreuz: "Wir wussten, es war riskant."

Im vergangenen Jahr hatte sich der Anteil der Blackberrys an den Verkäufen nach Zahlen der Marktforschungsfirma IDC mehr als halbiert auf 4,6 Prozent - bei einem Smartphone-Markt, der insgesamt boomte. Die Zahl der ausgelieferten Blackberrys schrumpfte um mehr als ein Drittel auf 32,5 Millionen. Zum Vergleich: Samsung lieferte im gleichen Zeitraum 215,8 Millionen der Computerhandys aus und Apple kam nach den IDC-Berechnungen auf 135,9 Millionen iPhones. Blackberry will jetzt vor allem seine Stammkunden in Unternehmen und Behörden zurückgewinnen.

Das Comeback wird aber nicht einfach: Auch Apple und vor allem Microsoft mit seinem neuen Betriebssystem Windows Phone 8 zielen auf Geschäftskunden. Windows-Smartphones bringen beispielsweise die bekannten Office-Büroprogramme in abgespeckter Form gleich mit. Worauf Blackberry setzen kann, sind immer noch 79 Millionen Nutzer. Die Aufholjagd hat begonnen.

Alicia Keys wirbt für Blackberry

Blackberrys gelten bislang als zuverlässige, aber etwas dröge Arbeitsmaschinen. Das Image des Langeweilers soll nun die Sängerin Alicia Keys ändern. Sie wirbt künftig für das neue Smartphone Blackberry 10. "Es ist eine große Aufgabe", sagte sie am Mittwoch bei der Vorstellung des Geräts in New York. "Aber ich bin total begeistert."

Der aus Deutschland stammende Firmenchef Thorsten Heins holte die Sängerin, die zurzeit mit "Girl on Fire" Erfolge feiert, unter dem Jubel des Publikums auf die Bühne. Sie sei doch lange eine Blackberry-Nutzerin gewesen, sagte Heins und wollte wisse, warum sie sich denn zwischenzeitlich abgewandt habe. "Ich war in einer Langzeit-Beziehung mit Blackberry, dann habe ich bemerkt, dass es heißere Typen gibt", gestand Keys.

(dpa/felt/csi/nbe)
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