Kolumne Total Digital Im Tal der Gründer und Blender

Meinung | Washington · Wahrheit und Lüge sind oft nicht mehr auseinander zu halten, das zeigt der Fall der Multi-Milliarden-Dollar-Betrügerin Elizabeth Holmes. Warum er Anlass sein sollte, die eigenen Handlungsmaximen zu überdenken.

 Aufgeflogen: Elizabeth Holmes. (Archiv)

Aufgeflogen: Elizabeth Holmes. (Archiv)

Foto: AP/Nic Coury

Für das Silicon Valley beginnt das neue Jahr mit einem Paukenschlag: Das Gerichtsurteil gegen die Multi-Milliarden-Dollar-Betrügerin Elizabeth Holmes. Die Gründerin von Theranos versprach mit einem neuen Bluttest-Verfahren aus Wasser Wein zu machen, respektive aus nur wenigen Tropfen Blut wertvolle Krankheitsdaten extrahieren zu können. Ein Schwindel, auf den zahlreiche Investoren, Prominenz aus Politik, Medien und Wirtschaft hereingefallen sind. 

Nun leben wir in einer Zeit, in der Wahrheit und Lüge oft nicht mehr auseinander zu halten sind. Wo jeder an das glaubt, woran man glauben möchte. Und wie wir nicht erst seit dem Religionsunterricht wissen, versetzt der Glaube oft nicht nur Berge, sondern manchmal auch Täler, in diesem Fall Täler aus Silikon. Der Grundsatz „Fake it until you make it“ („Schwindle, bis Du es schaffst“) gilt bis heute als eines der ungeschriebenen Gesetze in der Bay Area südlich von San Francisco

Als der Apple-Chef Steve Jobs vor 15 Jahren das iPhone vorstellte, schiffte er nur knapp an einer Katastrophe vorbei. Das Gerät, das er zur Produkt-Premiere in Händen hielt, war keineswegs ein funktionstüchtiges Gerät. Laut Mitarbeitern handelte es sich um einen mühsam zusammengeflickten Prototyp, der bei den Proben immer wieder abstürzte und seinen Dienst verweigerte. Fehler, die bis zum offiziellen Verkaufsstart ein halbes Jahr später erst noch behoben werden mussten.

Für Elizabeth Holmes war Steve Jobs mehr als nur Vorbild. Sie imitierte seine Gesten, trug den gleichen schwarzen Rollkragen-Pulli wie ihr Idol. Der Unterschied zu den Gründern von einst: Ging es den alten Haudegen noch um die Sache, bevölkert seit geraumer Zeit eine Generation von Gründern das Silicon Valley, der es vor allem um eines geht: Geld und Reichtum. Nicht um des Luxus willen. Sondern um damit, im Fall von Holmes fast schon krankhaften Narzissmus zu bedienen. 

 Der Betrugsfall Elizabeth Holmes sollte nicht nur für Big Tech, sondern für uns alle Anlass sein, die eigenen Handlungsmaximen zu überdenken. Vielleicht hilft ein Satz aus dem Matthäus-Evangelium über falsche Propheten: „An Ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen!“ Und nein, das beschränkt sich nicht allein auf das Firmenlogo von Apple.

Unser Autor ist Blogger und Digitalexperte. Er wechselt sich hier mit der Start-up-Gründerin Felicia Kufferath ab.

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