Rundgang über die re:publica Wir haben die Virtual-Reality-Trends getestet

Berlin · Virtual Reality gehört zu den Technologien, die seit Jahren als eins der nächsten großen Dinge gelten, aber nie so richtig im Alltag ankommen. Ändert sich das bald?

 Die Oculus-Rift-Brille soll es bald in Deutschland zu kaufen geben.

Die Oculus-Rift-Brille soll es bald in Deutschland zu kaufen geben.

Foto: ap

Wir haben uns auf der Digitalkonferenz re:publica in Berlin umgeschaut, um die Antwort auf zwei Fragen zu finden: Was kann Virtual Reality (VR) heute - und wann kriegen wir abseits von Digital-Kongressen und Messen endlich etwas davon mit?

Erster Versuch: Virtueller Schlangenbeschwörer beim ZDF

Das ZDF lockt die Besucher mit lustigen Tiermasken an den Stand, was ja eigentlich nie schaden kann. Die Idee ist auch deshalb gut, weil der Stand so zum beliebten Fotomotiv wird (hat bei uns auch geklappt).

 Virtual Reality beim ZDF: Wer in die Fuchsmaske schaut, sieht einen von "Dschungelbuch" inspirierten 360-Grad-Film.

Virtual Reality beim ZDF: Wer in die Fuchsmaske schaut, sieht einen von "Dschungelbuch" inspirierten 360-Grad-Film.

Foto: Henning Bulka

Was sieht man?

Wer die Fuchsmaske aufsetzt, kann sich Szenen aus einer Doku aus der "Terra X"-Reihe anschauen, die an Kiplings "Dschungelbuch" angelehnt ist. Man hört Musik und sieht tanzende Menschen in einer Tempel-Landschaft, an der Seite turnt Mogli herum, ein Schlangenbeschwörer spielt auf einer Flöte und (Mini-Schockeffekt) am Boden räkelt sich plötzlich eine Schlange.

Was kann das?

Mit "ganz nett" ist diese Erfahrung sehr treffend beschrieben. Das Bild ist sehr pixelig, nach kurzer Zeit hat man die Szenerie erfasst - und spätestens dann wünscht man sich vor einen ganz normalen Fernseher zurück.

Machen wir das bald alle?

Das ZDF bietet schon jetzt ergänzend zu einigen Dokumentationen Virtual-Reality-Szenen an. Man kann sich zum Beispiel eine Vulkan-Landschaft in 3D und einer 360-Grad-Ansicht anschauen. Um den Effekt richtig nutzen zu können, braucht man ein Smartphone und ein Cardboard von Google, das ist eine Box aus Karton mit eingebauten Linsen, die den 3D-Effekt entstehen lässt. Cardboards sind für wenige Euro erhältlich.

Zweiter Versuch: Mit Google Cardboard auf die Achterbahn

Wer ein Google Cardboard hat, kann sich im App-Store seines Smartphones diverse Virtual-Reality-Apps herunterladen (einfach nach "Cardboard" suchen). Tipp: Am besten mit einer Achterbahn-Animation wie "VR Roller Coaster für Google Cardboard" einsteigen - die vermittelt ganz gut, was diese Form von Virtual Reality ausmacht.

Was sieht man?

Man sitzt in einer Achterbahn, es geht erst langsam immer weiter in die Höhe und dann ziemlich schnell nach unten. Man kennt das ja.

Was kann das?

Die Animationen in solchen Apps sind weit davon entfernt, täuschend echt zu wirken. Sie erinnern eher an ältere Computerspiel-Optiken. Aber das ist fast egal, denn während man noch darüber nachdenkt, ob man das heute nicht besser hinbekommen müsste, reagiert plötzlich der Körper: Der Achterbahn-Effekt wirkt trotz der eher grobschlächtigen Grafik extrem real - inklusive beschleunigtem Puls, leichter Orientierungslosigkeit und Schwindelgefühl. Definitiv eine Erfahrung.

Machen wir das bald alle?

Könnten wir jetzt schon. Diese Form Virtual Reality ist für den Nutzer nicht teuer und für jeden verfügbar. Allerdings nutzt sie sich schnell ab. So sehr einen der Achterbahn-Effekt im ersten Moment umhaut - nach drei Minuten hat man das Prinzip verstanden und das Interesse lässt nach.

Dritter Versuch: Hi, Robot!

Als nächtes probieren wir die Virtual-Reality-Brille Oculus Rift aus, die in Kürze in den Handel kommen soll und die besonders Ungeduldige bereits vorbestellen konnten.

Was sieht man?

Am Stand des Berliner Game Science Center kann man sich in eine nächtliche Wald-Landschaft versetzten lassen. Dort schwirren erst Glühwürmchen und Vögel herum, dann wird es etwas ungemütlicher: überdimensionale Roboterwesen stapfen durch den Wald.

Was kann das?

Viel. Das Bild ist brillant, die Soundeffekte sind täuschend echt - insgesamt ist der Effekt beeindruckend.

Machen wir das bald alle?

Alle wahrscheinlich nicht, aber in der Gamer-Szene dürften sich Virtual-Reality-Brillen spätestens im nächsten Weihnachtsgeschäft durchsetzen. Die Oculus-Rift-Brille wird in Deutschland rund 700 Euro kosten, zusätzlich braucht man einen sehr leistungsstarken und entsprechend teuren Rechner. Sony bringt bald eine Virtual-Reality-Brille auf den Markt, die mit jeder Playstation kompatibel ist und nur 400 Euro kosten soll. Das ist immer noch viel Geld, aber ein Nischenprodukt dürften solche Brillen dann nicht mehr sein. An immer mehr und immer ausgefeilteren Spielen für diese VR-Brillen wird in der Branche gerade angestrengt gearbeitet.

Vierter Versuch: Landung auf dem Mars

Das Berliner Start-Up Trotzkind hat - unter anderem in Kooperation mit dem "Heute Journal" - eine virtuelle Mars-Landung entwickelt, bei der man nicht bloß Passagier, sondern Crew-Mitglied ist. Mit Hilfe eines Joysticks muss man während des Landevorgangs kleine Aufgaben übernehmen. Auch hier kommt eine Oculus-Rift-Brille zum Einsatz.

 Auf diesem Bildschirm ist ungefähr zu sehen, wie es im Cockpit des virtuelles Raumschiffs aussieht - mit dem Eindruck, den man bekommt, wenn man die Oculus-Rift-Brille trägt, ist das aber nicht vergleichbar.

Auf diesem Bildschirm ist ungefähr zu sehen, wie es im Cockpit des virtuelles Raumschiffs aussieht - mit dem Eindruck, den man bekommt, wenn man die Oculus-Rift-Brille trägt, ist das aber nicht vergleichbar.

Foto: Judith Conrady

Was sieht man?

Der Nutzer setzt sich auf einen Stuhl, zieht die Brille auf und findet sich an Bord eines Raumschiffs wieder, das gerade auf den Mars zusteuert. Die Landung steht unmittelbar bevor. Glücklicherweise sitzt gleich nebenan eine Astronautin, die sich mit sowas auskennt. Sie gibt dem Passagier Anweisungen, wie er seinen Joystick nutzen muss, um die Landung zu bewerkstelligen. Wenn das geklappt hat, kann man aussteigen und ein paar Schritte über den Mars laufen.

 Diese junge Frau macht ihre ersten Schritte auf dem Mars.

Diese junge Frau macht ihre ersten Schritte auf dem Mars.

Foto: Judith Conrady

Was kann das?

Jede Menge. Das Erlebnis wirkt extrem real. Man muss sich wirklich konzentrieren, um nicht zu vergessen, dass jenseits der Virtual-Reality-Brille noch eine andere Welt existiert. Dass man die ganze Zeit beschäftigt ist, zieht einen noch tiefer in die virtuelle Realität hinein.

Machen wir das bald alle?

Derzeit laufen aufwändige Projekte wie dieses noch als Forschung und werden auf diesem Weg finanziert. Sven Haeberlein, einer der Gründer von Trotzkind, kann sich als kommerziellen Auftraggeber für solche aufwändigen Produktionen zum Beispiel Autohersteller vorstellen, die Kunden einen Eindruck von Fahrgefühl und Komfort in ihrem Wagen vermitteln möchten. Auch den Einsatz in Museen kann er sich gut vorstellen. Dass man Anwendungen wie die Mars-Mission schon bald vom heimischen Sofa aus nutzt, glaubt er eher nicht.

(jco)
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