Ohrhörer im Test Libratone Air+ - Design, Vielseitigkeit und das Windproblem

Düsseldorf · Fast sah es aus, als würde Libratone vom Markt verschwinden. Jetzt ist die dänisch-chinesische Audiomarke zurück - mit dem Ohrstöpsel-Paar Libratone Air+, das auf Design und Vielseitigkeit setzt.

 Sitzt, wackelt nicht, ist bequem. Zumindest in den Testerohren hinterlassen die Air+ einen guten Eindruck.

Sitzt, wackelt nicht, ist bequem. Zumindest in den Testerohren hinterlassen die Air+ einen guten Eindruck.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Vergangenes Jahr sah es schlecht aus für Libratone. Der dänisch-chinesische Audiospezialist mit Fokus auf drahtlose Lifestyle-Lautsprecher und -Kopfhörer meldete Insolvenz an. Einige Jahre mit Verlusten und eine Pandemie waren zu viel.

Nach Einstieg eines neuen Investors ist Libratone jetzt zurück. Erstes neues Produkt ist die zweite Generation der Track Air-Ohrstöpsel. Air+ heißen die kleinen Bluetooth-Knöpfe in Blau und Weiß, 200 Euro sollen sie kosten und einige praktische Funktionen bieten. Zeit für einen genauen Blick.

Das Gerät: Eine kleine blaue oder weiße Kunststoffdose mit metallenem Logo, darauf ein flötender Vogel. Drinnen Ohrstöpsel mit Silikonpassstück, Mokkabohnen-großen Gehäuse für Chips, Töner und Batterie und Raumschiff-artigen Anbauten für Mikrofone und Ladekontakte. Erster Eindruck: Schönes Design, sieht man sonst nicht so.

Die Konstruktion von Ohrstöpseln und Ladekästchen ist bei den Air+ gut gelungen. Sie lassen sich leicht entnehmen und wieder einlegen - und alle Flächen lassen sich reinigen.

Die Konstruktion von Ohrstöpseln und Ladekästchen ist bei den Air+ gut gelungen. Sie lassen sich leicht entnehmen und wieder einlegen - und alle Flächen lassen sich reinigen.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

In der Transportbox steckt außerdem noch ein Akku zum Nachladen der Air+. Sie sollen knapp sechs Stunden durchhalten, der Akku im Kästchen gibt laut Hersteller drei weitere Ladungen. Aufgeladen wird per USB-C oder drahtlos, eine LED um den USB-Anschluss signalisiert auf Knopfdruck mit Blinksignalen den Ladestand. Die integrierte aktive Geräuschunterdrückung (ANC) soll Umgebungsgeräusche um bis zu 30 dB dämpfen.

Verbindung: Aufklappen, verbinden, geht? Nicht mit den Libratones. Sie müssen nach dem Druck auf den Koppelknopf über das Bluetooth-Menü verbunden werden. Außerdem braucht man noch die Libratone-App und ein Benutzerkonto. Das ist laut Hersteller nötig, damit Nutzer zum Beispiel die korrekten Updates angezeigt bekommen. Eine Sammlung von Nutzerdaten soll es nicht geben. Ein wenig nervig ist es trotzdem, sich erstmal ein Nutzerkonto anlegen zu müssen.

Passform/Komfort: Die Air+ stecken - zumindest in den Testerohren - bequem und fest drin. Wegen der flügelförmigen Stäbchen an der Seite sitzen sie sicher und wackeln kein bisschen. Sport und Fahrradfahren (hierzu später mehr) sind mit den Air+ grundsätzlich kein Problem.

 Ob die Libratone Air+ richtig im Ohr sitzen, ermittelt ein Passtest in der App. Für verschiedene Ohrgrößen liegen unterschiedlich große Silikonpassstücke bei.

Ob die Libratone Air+ richtig im Ohr sitzen, ermittelt ein Passtest in der App. Für verschiedene Ohrgrößen liegen unterschiedlich große Silikonpassstücke bei.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Zur Auswahl des korrekten Silikonpassstückes gibt es in den App-Einstellungen einen Passtest. Dabei wird ermittelt, ob sie dicht genug sitzen.

Bedienung: Schwierig. Einerseits lassen sich eine Unzahl von Kommandos auf Wunsch einstellen. Die ruft man dann mit doppeltem oder dreifachem Fingertipper auf den rechten oder linken Ohrhörer auf. Das ist gut. Die Empfindlichkeit der Sensorflächen könnte aber noch besser sein. Gelegentlich werden die Kommandos einfach nicht erkannt. Tippt man dann stärker, dröhnt es unangenehm.

Die weitere Bedienung und Einrichtung über die App ist problemlos und einfach. Manchmal erkennt die App die aktivierten Ohrstöpsel aber erst beim zweiten Versuch.

Zweimal Tippen rechts, dreimal Tippen links: Nutzerinnen und Nutzer können vier Kommandos vergeben. Leider werden sie nicht immer präzise erkannt und die Fingertipper dröhnen mitunter auf den Ohren.

Zweimal Tippen rechts, dreimal Tippen links: Nutzerinnen und Nutzer können vier Kommandos vergeben. Leider werden sie nicht immer präzise erkannt und die Fingertipper dröhnen mitunter auf den Ohren.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Der Klang: Gut abgestimmt, nuanciert und voller Details. Was den Air+ im Vergleich zu Airpods Pro oder Galaxy Buds 2 ein wenig fehlt, ist die Fülle. Es klingt gut, man hat aber nicht diesen Wow-Effekt, wenn bekannte Songs über die Ohrstöpsel plötzlich nochmal eine ganz neue Hördimension erhalten. Die Libratones sind da anders. Sie klingen immer gleich gut.

In den Einstellungen gibt es noch vier Modi für neutralen Klang, mehr Bass, mehr Höhen und einen dynamischen Modus. Er soll die Ohrstöpsel an die jeweilige Musik anpassen. Das gelingt häufig gut und mal nicht so gut. Dann hören sich Songs flach und verwaschen an. Der neutrale Modus ist im subjektiven Tester-Gefühl meist am besten.

Weitere Funktionen: Die Libratone Air+ können zwischen drei verschiedenen gekoppelten Geräten hin- und herwechseln. Das ist etwa dann praktisch, wenn man vom Musikhören auf dem Telefon zur Videoschalte auf dem PC wechseln will. Das Umschalten geschieht aber nicht automatisch, wie etwa bei Apples Airpods Pro, sondern per Tipp-Kommando auf die Ohrstöpsel.

Die Klangfinesse gibt es nur über Libratones App. Hier können noch etliche Einstellungen getroffen werden.

Die Klangfinesse gibt es nur über Libratones App. Hier können noch etliche Einstellungen getroffen werden.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Darüber hinaus haben die Libratone Air+ drei Betriebsmodi:
- Transparenzmodus: Hier werden Umgebungsgeräusche durchgeleitet, sodass man nicht den Kontakt zur Umgebung verliert, selbst wenn Musik oder Podcasts laufen. Klappt bei den Libratones besser als bei manchem Mitbewerber. Apples Airpods Pro schaffen es im Vergleich aber besser.

- Komfortmodus: Das Herzstück der Air+. Hier passt sich die Geräuschunterdrückung automatisch an die Umgebungsgeräusche an. Je nach Geräuschniveau wird die aktive Geräuschunterdrückung stärker oder schwächer eingestellt. Der Komfortmodus ist klar die Stärke der Air+. Ist er eingeschaltet, klingen sie am besten.

- Manuell: Hier können Nutzerinnen und Nutzer das Niveau der Geräuschunterdrückung von Hand zwischen 0 = aus und 30 = maximal einstellen.

Der Haken: Eigentlich haben die Libratone Air+ keinen Haken. Sie sind elegant, funktional und klingen gut. Doch ein Problem steckt im Detail: Durch ihr Design gibt es beim Fahrradfahren unheimlich laute Windgeräusche. Aktiviertes ANC blendet sie gut aus, man verliert aber den Hörkontakt zur Umwelt. Richtig sicher radeln lässt sich so nicht. Gesprächspartner am Telefon beklagten häufiger schlechte Verständigung.

Die Libratone Air+ kosten im Handel rund 200 Euro.

Die Libratone Air+ kosten im Handel rund 200 Euro.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Wer braucht das: Die Libratone Air+ sind Ohrstöpsel ohne große Schwächen. Sie klingen ziemlich gut und tragen sich angenehm. Ihr Bedienkonzept erfordert ein wenig Gewöhnung, dafür haben Nutzerinnen und Nutzer etliche Einstellungsmöglichkeiten, die es bei anderen Modellen nicht gibt. Positiv: Die Air+ funktionieren unter Android und iOS gleich gut, das Wechseln zwischen Geräten unterschiedlichster Hersteller ist praktisch und das Design sehr elegant.

Der Preis von 200 Euro könnte allerdings ein Problem werden. In der Preisregion lohnt sich der Vergleich. Denn schon für 100 Euro bekommt man Googles Pixel Buds A Series mit fast vergleichbarem Klang, für 150 Euro gibt es etwa die Beats Studio Buds, die besser in iOS integriert sind. Apples AirPods Pro gibt es mittlerweile auch für 180 Euro. Für Androidnutzer könnten noch Samsungs Galaxy Buds 2 (150 Euro) interessant sein.

(csr/dpa)
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