Neue Fernseher auf der IFA Zwischen Vision und Wirklichkeit

Berlin · Erst wurden sie flach, dann dreidimensional, dann internetfähig. Auf der IFA zeigen Hersteller jetzt, was die Fernseher der Zukunft bieten - zum Beispiel höhere Auflösungen und schöne OLED-Displays. Unklar ist noch, wann aus den Visionen erschwingliche Geräte werden.

Neue Fernseher auf der IFA
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Fernseher, so weit das Auge reicht: Die IFA in Berlin (Publikumstage: 31. August bis 5. September) ist eine Leistungsschau der TV-Branche. Die Geräte werden immer größer, bieten immer höhere Auflösung und immer mehr cleverere Zusatzfunktionen und Bedienkonzepte.

Kein Wunder, denn Fernsehen ist nach wie vor eine der Lieblingsbeschäftigungen der Menschen in Deutschland. Bei einer Umfrage der Stiftung für Zukunftsfragen gaben 98 Prozent von 4000 Befragten über 14 an, regelmäßig TV zu schauen.

Allerdings hat nicht jeder die 4000 oder auch 8000 Euro auf der hohen Kante, die Hersteller für ihre Messestars verlangen. Hochwertige Fernseher mit modernen Funktionen gibt es aber auch schon für um die 1000 Euro, sagt Roland Stehle von der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu), einem der IFA-Veranstalter. "3D-Fernsehen und Smart-TV-Funktionen gehören heutzutage fast zur Standardausstattung, teilweise sogar schon in den unteren Preisklassen", erklärt der gfu-Sprecher.

Tatsächlich gibt es auf der Messe kaum einen Fernseher, der sich nicht irgendwie mit dem Internet oder Geräten im Heimnetzwerk verbinden lässt. Das Zauberwort heißt Smart TV, der Fernseher wird also intelligent. Er soll Zugriff bieten auf soziale Netzwerke, Mediatheken und Videoportale, aber auch die Bild- und Musiksammlung vom PC abrufen können.

Zurückhaltender mit solchen Zusatzfunktionen ist man dagegen beim deutschen TV-Hersteller Metz: "Wir müssen aufpassen, dass wir den Zuschauer nicht überfordern", warnt Geschäftsführer Norbert Kotzbauer. "Unser Ziel ist es, Funktionen zur Vernetzung nur dem Zuschauer anzubieten, der sie wirklich will - ohne das Gerät dabei zu überfrachten."

Andere haben da weniger Bedenken: Grundig hat seine neue Flaggschiffserie Vision 9 Chrome zum Beispiel mit der sogenannten Overlay-Funktion ausgestattet, mit der Nutzer parallel zum laufenden Programm bei Facebook oder Twitter unterwegs sind. Die gleichen Möglichkeiten bieten auch zahlreiche andere Hersteller. Außerdem hat Grundig für seine neuen Spitzenmodelle eine Sprachsteuerung entwickelt, in Zukunft soll auch eine Bewegungssteuerung folgen. Ähnliche Konzepte gibt es zum Beispiel bei Samsung zu sehen.

Philips setzt stattdessen auf Fernbedienungen mit Pointer-Funktion, mit der Nutzer auf das gewünschte Bedienelement zielen müssen, und hat außerdem eine Fernbedienung mit Tastatur auf der Rückseite entwickelt. Das soll das Chatten erleichtern, zum Beispiel in sozialen Netzwerken. Und Loewe will seinen Kunden mit neuen Assistenzfunktionen die Navigation durch verschachtelte Menüs erleichtern.

Solche Assistenten und Erleichterungen gibt es teilweise auch in günstigen Modellen - so lange sie nicht zu groß sind. Denn das Format bleibt ein Preistreiber bei Fernsehern: Wer ein Gerät mit einer Diagonalen ab 55 Zoll haben will, muss noch vergleichsweise tief in die Tasche greifen.

Ein Beispiel dafür sind zum Beispiel Sonys neu vorgestellte Bravia-HX955-Fernseher der Oberklasse mit 55 und 65 Zoll Bildschirmdiagonale, die zum Verkaufsstart im November 2999 und 4999 Euro kosten sollen. Zu Philips neu vorgestellter 9000er-Serie gehört das 60 Zoll große Modell 60PFL9607S, das 4200 Euro kostet. Noch größer - und vermutlich auch noch deutlich teurer - ist Sharps LC-90LE745 mit 90 Zoll, das entspricht 2,29 Metern.

Neben den ganz großen Größen bleibt auch manche Technologie in der Mittelklasse noch Zukunftsmusik, sagt Peter Knaak von der Stiftung Warentest - zum Beispiel die OLED-Technologie. Diese soll mit organischen, selbstleuchtenden LEDs nicht nur ein schöneres und weitestgehend blickwinkelunabhängiges Bild zaubern, sondern Fernseher auch energieeffizienter machen. "Ich finde es gut, dass die Hersteller das weiter verfolgen", sagt Knaak. "Bis solche Fernseher zu erschwinglichen Preisen auf den Massenmarkt kommen, vergehen aber sicher eher Jahre als Monate." Wie ein OLED-TV in der Praxis aussieht, zeigen auf der IFA Samsung und LG mit 55 Zoll großen Modellen.

Anderswo sind es eher die Umstände als die Technik, die dem Fortschritt im Wegen stehen - zum Beispiel beim Thema 3D. Denn auch wenn die Technologie in vielen neuen Fernsehern steckt, fehlen die Inhalte. "Es gibt ein paar Filme in 3D", klagt Knaak "Aber 3D-Fernsehen zum Beispiel so gut wie nicht."

Unklar ist auch noch, welche Technik sich am Ende durchsetzt - in günstigeren Geräten sorgt meist die Polfiltertechnik für Bilder mit Tiefgang, teurere Modelle bringen oft aktive Shutterbrillen mit. Und Toshiba zeigt als dritte Variante den 55ZL2G, einen Fernseher mit brillenlosem 3D. Einen Prototypen mit einem solchen Display zeigen unter anderem auch Panasonic und der chinesische Hersteller Haier.

Ebenfalls noch sehr teuer sind Geräte mit Ultra Definition (UD). Dieser neu geschaffene Standard bietet im Vergleich zu HD ready (1280 mal 720 Pixel) oder Full HD (1920 mal 1080 Pixel) noch einmal mehr Bildpunkte: Der neue Standard 4K hat 3840 mal 2160 Pixel, 8K sogar 7680 mal 4320 Pixel.

Im Vergleich zu Full HD ist das immerhin das 16-Fache. Wie das aussieht, gibt es am Stand von Panasonic zu sehen: Hier steht ein Plasmafernseher mit 8K-Auflösung und nicht gerade wohnzimmerkompatiblen 145 Zoll Bildschirmdiagonale - allerdings nur als Prototyp. Noch dieses Jahr auf den Markt kommt dagegen Sonys Bravia KD-84X9005 mit 4K-Auflösung und 84-Zoll-Display. Ein technisch ähnliches Gerät zeigt LG mit dem 84LM960V auf der Messe.

Auch hier ist, abgesehen von einigen wenigen Filmen und Videos, angepasster Content noch in weiter Ferne. Trotzdem könnten Fernseher mit solchen Auflösungen durchaus ihre Daseinsberechtigung haben, prophezeit Knaak - denn hier schafft sich der Konsument seine Inhalte einfach selbst: "Toll sind die zum Präsentieren selbst gemachter Fotos von etwas besseren Kameras, weil man hier seine Bilder endlich in ihrer tatsächlichen Auflösung sehen kann."

Außerdem könnten die UD-Fernseher in Zukunft einen Nachteil der Polfilter-3D-Technik aus der Welt schaffen: Weil dafür die Auflösung des Bildes halbiert wird, sehen selbst Full-HD-Filme damit spürbar weniger scharf aus als mit der Shutter-Technologie. Ein 3D-Film in 4K- oder 8K-Auflösung sieht dagegen auch durch die Polfilterbrille noch gut aus.

(dpa)
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