Windows 8 Beta im Alltagstest Aufbruch in die 8. Dimension

Düsseldorf · Jetzt ist sie da – die Windows 8 Beta. Und nach einigen Verwirrungen und Verklickungen genießt man die neue Leichtigkeit bei Microsoft.

2012: Microsoft präsentiert Windows 8
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Jetzt ist sie da — die Windows 8 Beta. Und nach einigen Verwirrungen und Verklickungen genießt man die neue Leichtigkeit bei Microsoft.

Am Anfang steht der Download und das Brennen auf eine DVD. Das benötigt aber die meiste Zeit. Denn danach geht es erstaunlich flott, auch wenn andere User über die lange Installation klagten: Nach ca. 20 Minuten auf dem drei Jahre alten Testrechner war Windows 8 startbereit.

Dann trifft man aber schon auf die erste Neuerung: Eine Anmeldung samt Passwort ist nun zwingend erforderlich. Ebenso wie eine Internet-Verbindung. Den Fritz-WLAN-Stick aber wollte die Beta nicht als Hardware erkennen. Da hilft nur das Rauskramen der Verpackung samt CD. Mit Treibern für Windows Vista wird man dann online verbunden und es erfolgt die Registrierung. Und ohne die kann man so gut wie gar nichts machen.

Einige Apps der Beta hatten aber auch danach noch Probleme mit dem WLAN-Stick. Die Wetter-App beispielsweise weigerte sich beharrlich, eine Internet-Verbindung überhaupt zu erkennen. Seltsamerweise machte das Wetter-Widget dagegen keine Probleme. Da muss Microsoft noch nachbessern.

Dann die nächste Neuerung: Am Anfang blickt man zunächst auf die neue Metro-Oberfläche — mit Kacheln wie Finanzen, Nachrichten oder E-Mail. Wie praktisch. Doch klickt man auf E-Mail, muss man zunächst ein Microsoft-Hotmail-Konto einrichten. Aha, noch eine E-Mail mehr in der persönlichen Sammlung. Erst dann kann man weitere Konten einrichten.

Einen Startbutton gibt es nicht

Dafür werden neue E-Mails sofort in der Kachel eingeblendet. Man muss also nicht ständig die App öffnen. Ebenso praktisch ist die Nachrichten-App. Dort kann man seinen Facebook- und Twitter-Account hinterlegen. Dann hat man über eine App sofort einen Überblick über alle Nachrichten aus den verschiedenen Netzwerken.

Einziges Problem bei der Kachelvielfalt der neuen Metro-Oberfläche: Wo ist das Windows, dass man seit Win 95 kennt? Einen Startbutton gibt es nicht. Vielmehr eröffnen jetzt die Ecken und Kanten des Monitors neue Möglichkeiten. Die Maus nach links oben — das blendet eine vertikale Liste mit Thumbnails der geöffneten Anwendungen ein. Zu denen lässt sich dann mit einem Mausklick wechseln. Oder aber man setzt wie gehabt "Alt + Tab" ein oder "Windows + Tab".

Wurde eine App geöffnet, kann man mit dem Cursor nach oben fahren. Dann erscheint ein Hand-Symbol, mit dem sie sich am linken Bildschirmrand fixieren lässt. Über einen Schieberegler kann man dann einstellen, ob die "Leiste" ein Drittel, zwei Drittel oder dann doch wieder den ganzen Bildschirm füllen soll. Mit dem Griff nach oben, wird die Anwendung aber auch geschlossen, wenn man die virtuelle Hand zügig nach unten zieht. Das aber erschließt sich erst nach einiger Zeit.

Geht man mit der Maus dagegen nach rechts unten, hat man über die dann eingeblendete "Charms-Bar" Zugriff auf Geräte, Systemeinstellungen und - aha — das Symbol zum Runterfahren und Neustart des Rechners. Das muss man sich erst einmal alles merken.

Nicht klicken, sondern fahren

Der Internet-Explorer 10 für Metro dagegen wirkt überaus spartanisch. Gut, das muss nichts Schlechtes sein. Jede Webseite nutzt den maximalen Raum auf dem Bildschirm. Es gibt keine Menü-Leisten oder Statusanzeigen. Zudem wird bei jedem Start der App die letzte besuchte Seite gezeigt. Mit einem Rechtsklick öffnet man am oberen Rand eine Thumbnail-Übersicht der offenen Tabs und am unteren die Adressleiste. Fährt man nach rechts, hat man Zugriff auf den Drucker.

Es dauert aber einige Zeit und endet immer wieder im verzweifelten Rumfahren mit der Maus, bis man sich daran gewöhnt hat. Zumindest hätte Microsoft etwas mehr Hilfe anbieten können. Zumindest für den klassischen PC-User. Mit einem Touchscreen würden einem viele der Bewegungen wahrscheinlich natürlicher erscheinen als mit einer Maus. Wer aber hat schon einen Touchscreen mit seinem PC verbunden!? Oder die Kinect-Gestensteuerung der Xbox!?

Hat man aber die Hürde der Ecken und Kanten genommen, merkt man, wie praktisch das eigentlich ist. Man muss nicht mehr klicken und auswählen, sondern fährt nach rechts, nach links, nach oben und unten. Nach zwei, drei Stunden kommt einem das dann ganz natürlich vor.

Hat der Desktop bald ausgedient?

Doch keine Angst: Den klassischen Desktop wie in den alten Windows-Versionen gibt es noch. Man erreicht ihn beispielsweise über ein App auf der Startseite. Und am Desktop hat sich gegenüber Windows 7 kaum etwas geändert. Nur die Funktionen, die früher unter "Start" untergebracht waren, finden sich jetzt mit einem Rechtsklick links unten. Zudem gibt es in der Charms-Bar (genau, Maus nach rechts unten) auch eine Lupe, um Anwendungen oder Dateien schnell zu finden.

Doch irgendwie beschleicht einem das Gefühl, dass der Desktop bald ausgedient haben könnte. Zu mächtig erscheint die Startseite mit der Metro-Oberfläche und den Kacheln. Wenn man dort auch Programme und Dateien verknüpfen kann, wozu dann noch der Desktop? Denn manche alten Bekannten wie etwa Paint findet man nicht nur über die Lupe der Charms-Bar, sondern auch auf der Startseite — unter "Alle Apps".

Das wiederum macht Sinn, wenn man sich einmal in Microsoft AppStore — genau, dafür gibt es eine Kachel auf der Startseite — umgesehen hat. Derzeit sind dort alle Apps kostenlos. Das Angebot ist zwar nicht unbedingt überschaubar, aber definitiv nicht ausufernd.

Alles nur eine Frage des Preises

Das wird sich im Herbst ändern, wenn die finale Version von Windows 8 auf den Markt kommt. Dann aber wäre es ein Leichtes, eine mächtigere Anwendung als Paint anzubieten — alles nur eine Frage des Preises. Fraglich ist auch, ob zukünftige PC-Mäuse unbedingt eine rechte Maustaste brauchen. Denn die wird in Zukunft vermutlich das letzte sein, was an einer PC-Maus kaputt geht. Während des Tests hat man sie kaum noch verwendet.

Und ja, mit der Zeit fängt man an, die Metro-Oberfläche zu mögen. Wenn man Musik abspielt, blendet die Kachel das Musikstück ein — ohne dass man den Mediaplayer unbedingt aufgerufen haben muss. Internetseiten lassen sich mit einem Mausklick fixieren — auf der Startseite.

So kann man seine Lieblingsseite sofort nach dem System-Start aufrufen. Und jede Einstellung, die man gemacht hat, wird mit anderen Windows-8-Systemen, bei denen man angemeldet ist, synchronisiert. Wer also beispielsweise RP ONLINE als Kachel zum Sofortzugriff hinterlegt hat, wird sie auch auf anderen Metro-Systemen wiederfinden. Das ist praktisch.

Synchronisation eine der Hauptfunktionen

Überhaupt scheint Synchronisation eine der Hauptfunktionen bei Windows 8 zu sein. Es gibt eine Kachel für SkyDrive: dem Microsoft Cloud-Speicherplatz, der 25 Gigabyte bietet. Das sind 20 mehr als Apple den Usern ohne Entgelt einräumt. Zudem bietet Win 8 auch eine Verknüpfung mit Xbox Live. Dafür gibt es eine eigene App, über die man auf Freundeslisten, Avatare und zuletzt gespielte Games zugreifen kann.

Microsoft will so die Mauern zwischen den Systemwelten niederreißen und sie unter einer Oberfläche vereinen: Und die heißt Metro. Welche Möglichkeiten diese Integration am Ende tatsächlich bietet, muss man abwarten.

Vorstellbar ist, dass man am PC mit einem Freund auf der Xbox spielt. Bestimmt aber wird man Filme oder Musik nur einmal kaufen, um sie auf allen eigenen Metro-Systemen abspielen zu können.

Ein neues, attraktives, einfach zu bedienendes System

Die Beta scheint dabei bereits sehr nah an der Endeversion zu bewegen. Windows 8 läuft überaus schnell und flüssig. Auch die Zeit vom Start des Systems bis zum Spielen mit den Möglichkeiten misst man tatsächlich nur noch in Sekunden, nicht mehr in Minuten.

Da hat Microsoft Windows deutlich entschlackt und aufgeräumt. Auch mit den Systemressourcen geht das System sehr pfleglich und ist trotz des intensiven Tests nicht einmal abgestürzt. Manche User haben da aber andere Erfahrungen gemacht.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Microsoft es geschafft hat, über seinen eigenen Schatten zu springen und ein neues, attraktives, einfach zu bedienendes (!) System zu schaffen — das die Integration der Spielekonsole, mit Windows-Smartphone, Tablets und PCs möglich macht.

Dennoch hat es einen Nachgeschmack: Quasi mit einer Anmeldung am System hat man Zugriff auf E-Mails, seinen Twitter- und Facebook-Account. Wer schon früher den Datenstrom von seinem Windows-System zu Microsoft misstrauisch beäugt hat, wer bei Googles jüngster Änderung der Datenschutzrichtlinie Angst hatte, kann bei Windows 8 nicht unbedingt beruhigt sein.

(csr)
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