Kolumne Netzentdecker Gefährliche Männerbewegung

Düsseldorf · Sie sind „unfreiwillig enthaltsam“ und geben anderen die Schuld dafür: Sogenannte Incels eint ihr Hass auf Frauen, der sie bis zu Gewalttaten treibt. Die Gruppierung hat ihren Ursprung im Internet.

  Ein Mann benutzt die beleuchtete Tastatur eines Notebooks. Symbolbild.

Ein Mann benutzt die beleuchtete Tastatur eines Notebooks. Symbolbild.

Foto: dpa/Silas Stein

Vor einigen Jahren sorgte ein merkwürdiger Flirt-Trend für Aufsehen: In den USA behaupteten Pick-Up-Artists, zu Deutsch „Anmachkünstler“, jede Frau von sich begeistern zu können. Tipps in Büchern und im Netz verbreiteten die irrige Annahme, dass Paarung ein Männerrecht sei und die vorbereitende Manipulation dazugehöre. Weil die Tricks natürlich nicht funktionierten, wuchs seither weltweit ein Verbund überwiegend junger, enttäuschter Männer, die sich als Opfer moderner Weiblichkeit sehen und Frauen die Schuld an ihrem unfreiwilligen Zölibat geben, auf Englisch „Involuntary Celibate“, abgekürzt zu „Incel“.

Incels aller Länder haben sich seither auf digitalen Wegen zusammengeschlossen, um ein bizarres Weltbild aus Selbstmitleid, Größenwahn und Frauenhass zu pflegen. Eine aktuelle Recherche des Y-Kollektivs ergab, dass deutsche Incels oft auch von Rassismuserfahrungen und Ablehnung berichten; die meisten User sind zwischen 15 und 25 Jahre alt; sie brüsten sich mit ihren Gewalt- und Rachephantasien bis hin zu Amokläufen. Ein anderer Zweig der Incels behauptet, dass fremdländische den einheimischen Männern die deutschen Frauen wegnähmen und zudem der Feminismus die Geburtenrate und damit das eigene Volk bedrohe.

Die Attentäter von Christchurch, El Paso oder Dayton, der Norweger Breivik, der Todesschütze von Halle – alle erwähnten in ihren Pamphleten vor der Tat ihren Zorn auf Frauen. Der Todesfahrer von Toronto (zehn Tote im Jahr 2018) war ein erklärter Incel. Hilflos versuchen die großen Plattformen im Netz, nun auch die Incels mit ihren Gewaltphantasien zu verbannen. Doch kaum wird eine Gruppe geschlossen, taucht anderswo eine neue auf. Auf die Moderatoren von Facebook und all den anderen Netzwerken kommt die nächste Aufgabe zu.

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