Essay zum Geburtstag Lothar Schröder gratuliert Facebook

Düsseldorf · Jeder Novize auf Facebook lernt schnell, wo dieses social network seinem Namen alle Ehre zu machen scheint. Links oben nämlich, wo es Freunde zu suchen und – viel besser noch – Freundschaftsanfragen zu bestätigen gibt.

Essay zum Geburtstag: Lothar Schröder gratuliert Facebook
Foto: Facebook Lothar Schröder

Jeder Novize auf Facebook lernt schnell, wo dieses social network seinem Namen alle Ehre zu machen scheint. Links oben nämlich, wo es Freunde zu suchen und — viel besser noch — Freundschaftsanfragen zu bestätigen gibt.

Wer der Erste nun gewesen sein mag, wer weiß das schon so genau? Oft aber stellt sich ein beschämendes Glück ein, wenn es so weit ist. Man fühlt sich von der Welt da draußen plötzlich wertgeschätzt und angenommen; in der Facebook- Sprache müsste man wohl sagen: "bestätigt".

Danach geschieht das, was alle Anfänger machen, denen noch der Mut zum Posten fehlt. Freunde werden mit großem Eifer gesammelt, gesucht und gefunden, man fragt an und bestätigt die Anfragen anderer. Schnell sind es ein paar Dutzend; und wenn die Zahl der Freunde irgendwann ins Dreistellige vorstößt, scheint man sich um seine eigene Beliebtheit und soziale Kompetenz endgültig keine Sorgen mehr machen zu müssen. Das befriedigt eine Zeitlang, bis dieser Facebook-Freundeskreis sichtbar wird als die gesuchte Schar von ebenfalls Suchenden. Was folgt, ist nicht unbedingt ein Kater, aber doch eine Art Ernüchterung.

Danach stellen sich ganz neue Fragen. Denn längst ist es seit Facebook nicht mehr ganz so wichtig, wer zu den Freunden gehört. Nicht einmal, wie viele Freunde man eigentlich hat. Jetzt geht es darum, wie viele Freunde möglich und wie viele Freunde überhaupt nötig sind? Facebook hat darauf eine eigene Antwort gegeben. Angeblich soll auf den normalen Facebook-Seiten bei 5000 das Freunde-Limit erreicht sein. Wissenschaftler geben sich allerdings mit weit weniger zufrieden.

Seit wir dank Facebook über die Qualität und das Prinzip von Freundschaft nachzudenken begonnen haben, geistert die sogenannte Dunbar Number durch viele Foren. Danach hat der britische Anthropolge Robin Dunbar untersucht, wie groß die Zahl der Affen ist, die in Gruppen zusammenleben. Das hat er dann auf die Größe des menschlichen Gehirns umgerechnet und ist auf die Zahl von 150 gekommen. So viele Beziehungen also können wir pflegen, verwalten. Mehr nicht. Eine wundersame Freundschaftsvermehrung darüber hinaus ist Luxus oder Imponiergehabe oder eben nur Facebook.

Warum wir es trotzdem machen, liegt an den Gesetzen virtueller Tauschprozesse; die meisten Freundschaften sind Nutz- und Zweckfreundschaften. Also alles böse? Andere rufen, das sei die Antwort auf die radikal individualisierte Gesellschaft. Und ihre Frage ist die bedrückendste: Treffe ich meine Freunde virtuell oder gar nicht?

Lesen Sie weiter:

(felt)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort