Schrille Töne und Rechtecke Rätsel um 77.000 elfsekündige YouTube-Videos

Paris · Meistens kann man sich erklären, warum jede Minute so viele Videos bei YouTube hochgeladen werden. Die meisten sollen für etwas werben, bei anderen wollen sich Menschen einfach nur darstellen. Was jedoch hinter den Clips von "Webdriver Torso" steckt, weiß niemand.

Webdriver Torso zeigt 77.000 seltsame YouTube-Videos
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Bilder aus den Videos von "Webdriver Torso"

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In den vergangenen Monaten hat der YouTube-Nutzer auf seinem eigenen Kanal mehr als 77.000 Videos hochgeladen. Alle, bis auf eine Ausnahme, auf der der leuchtende Eiffelturm für sechs Sekunden zu sehen ist, sehen so ziemlich gleich aus. Die Videos dauern elf Sekunden, pro Sekunde erschrillt ein greller Ton, zudem wechseln zwei rote und blaue Rechtecke auf weißem Hintergrund die Position.

Der Clip tmpO7Eb1K ist das jüngste der Videos, das am Mittwoch gegen 19 Uhr hochgeladen und seitdem mehr als 25.000 Mal angeklickt worden ist:

Die meisten Clips haben eine vierstellige Klickzahl erreicht, zuletzt ging der Trend sogar eher in Richtung fünfstellig. Dieses Video mit dem Titel tmpvrSSZm wurde binnen vier Tagen sogar mehr als 150.000 Mal angeklickt:

Wer "Webdriver Torso" ist, und warum er diese Videos veröffentlicht, weiß kaum jemand. Der Nutzer reagiert nicht auf Anfragen, vor allem englischsprachige Seiten rätseln seit Tagen über die Motive. "The Daily Dot" spekulierte, dass das Unternehmen ThoughtWorks hinter den Videos stecken könnte.

Die Firma veröffentlicht die Software Selenium, eine Testumgebung für Webanwendungen, die automatisch abgespielt werden. So müssen Entwickler nicht immer wieder Webformulare ausfüllen und sparen dadurch Zeit. Zudem ist die Fehlerquote bei automatisierten Veröffentlichungen geringer. Das Unternehmen teilte aber bereits mit, dass es mit den Videos nichts zu tun habe.

Spekulationen um Geheimcodes von Spionen

Eine weitere Theorie verbreitet die BBC. Es könnten Geheimcodes sein, mit denen sich Spione (aufgrund des API-Programmteils vermutlich aus Frankreich) etwas mitteilen wollen — so, wie sie es auf verschiedene Arten bereits seit Jahrhunderten tun. Im Ägypten, Griechenland und Rom des Altertums gab es Codierungen auf Schriftrollen und Tafeln, die nur Eingeweihte entschlüsseln konnten. Eine der bis heute bekanntesten Chiffrier-Maschinen ist die Enigma, mit der das deutsche Militär im Zweiten Weltkrieg seine Nachrichten verschlüsselt hat.

Eine weniger spannende Theorie bringt der Software-Tester Isaul Vargas im Blog "Boing Boing" ins Spiel. Er vermutet, dass ein Unternehmen teste, wie YouTube Daten komprimiere. Vor einigen Monaten habe er eine Konferenz besucht, auf der auch automatisierte Web-Software thematisiert wurde. Er habe ähnliche Videos beim Vortrag eines Unternehmens gesehen, das Set-Top-Boxen zum Streamen von Inhalten auf TV-Geräten anbietet. "Die Menge der Videos und die Tatsache, dass diese auf YouTube veröffentlicht wurden, deutet für mich darauf hin, dass eine große Firma dahintersteckt, die ihre Video-Software testet", meint Vargas.

(spol)
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