Düsseldorf Wirbel um Fotodienst "Streetside"

(RP). Nach Google erstellt nun Microsoft Panoramafotos von Deutschlands Straßen. 150 000 Streckenkilometer sollen von den Kamerafahrzeugen für das Internet erfasst werden. Ob Bürger im Vorfeld der Veröffentlichung Widerspruch einlegen können, ist unklar. Das sorgt für Ärger bei Datenschützern.

NRW-Städte bei Googles Street View
22 Bilder

NRW-Städte bei Googles Street View

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Viel Streit gab es, als Google im Juli 2008 begann, mit Kamerafahrzeugen für seinen Dienst "Street View" Deutschlands Straßen zu fotografieren. Jetzt rollen wieder Autos mit hochauflösenden Kameras auf dem Dach durchs Land und machen Fotos von Hausfassaden und öffentlichen Plätzen. Diesmal sind die Wagen aber von Microsoft, das für seinen Internet-Kartendienst "Bing Streetside" Panoramabilder von 50 deutschen Städten erstellen will. Damit soll der Softwarehersteller dem Suchmaschinen-Riesen ernsthafte Konkurrenz machen.

Wie funktioniert Streetside?

Der neue Internet-Kartendienst wird über die Microsoft-Suchmaschine "Bing" verfügbar sein. Nutzer sollen sich bei "Bing Maps" in Zukunft Häuser, Straßenverläufe und öffentliche Gebäude dreidimensional ansehen können. In den USA ist "Streetside" bereits seit 2009 verfügbar. Derzeit sind dort Panoramabilder von 56 Städten zu sehen. Neben Deutschland erstellt Microsoft aktuell auch 3D-Fotos in England.

Können Eigentümer und Mieter die Veröffentlichung der Fotos verhindern?

Wahrscheinlich nicht. Microsoft plant, dass Menschen erst nach der Veröffentlichung der Bilder im Internet ihr Haus pixeln lassen können. Das funktioniere ganz einfach per Mausklick und der Angabe der E-Mail-Adresse, sagte eine Sprecherin. Zudem hat Microsoft nach eigenen Angaben eine branchenführende Bildverarbeitungssoftware entwickelt, die Gesichter und Autokennzeichen automatisch unkenntlich macht, um die Privatsphäre der Menschen zu schützen.

Was fordern Datenschützer?

Sie verlangen, dass Bürger (wie es bei Googles "Street View" der Fall war) bereits im Vorfeld gegen die Veröffentlichung der Fotos Widerspruch einlegen können. Ihre Befürchtung: Bis ein Hausbesitzer ein Bild gelöscht hat, können Dritte das Material kopieren und im Internet verbreiten. Bei einem Vorab-Widerspruch kämen die Daten gar nicht erst in Umlauf. Laut Microsoft liegen erste Beschwerden gegen eine Veröffentlichung vor.

Warum will Microsoft keinen Vorab-Widerspruch?

In dem Streit beruft sich Microsoft auch auf den von der Industrie erarbeiteten und mit der Politik abgestimmten Datenkodex für Geodienste. Dieser enthält eine Selbstverpflichtungserklärung, ein Vorab-Widerspruch ist in dem Kodex allerdings nicht vorgesehen. Datenschützer haben angekündigt, notfalls den Start der Plattform mit einer Verfügung zu stoppen. Dann würde ein Rechtsstreit drohen. "Wir stehen mit Datenschützern weiterhin in Kontakt. Wir sind an einer einvernehmlichen Lösung interessiert", sagt die Sprecherin.

Welche Städte werden fotografiert?

In Deutschland sollen rund 50 Städte und Regionen bei "Streetside" verfügbar sein. Dabei handelt es sich nach Angaben von Microsoft überwiegend um Ballungszentren und Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern. Seit Montag sind die Kamerafahrzeuge unterwegs, zunächst in Nürnberg, Fürth und Erlangen. Es folgen Augsburg und München, dann Städte im Rhein-Neckar-Raum. Wann die Wagen durch Nordrhein-Westfalen fahren, sei noch nicht klar, sagte eine Sprecherin. Der "Fahrplan" für die Kamerafahrzeuge werde laufend aktualisiert. Insgesamt sollen Panoramabilder von 150 000 Straßenkilometern erstellt werden.

Wie lange dauert das Fotografieren?

Etwa eineinhalb Jahre fahren die Microsoft-Kamerafahrzeuge durch Deutschland. Etwa fünf bis zehn Autos der Firma Navteq sind insgesamt unterwegs. Sie sind ausgestattet mit hochauflösenden 360-Grad-Kameras, die auf den Fahrzeugen montiert sind und die Häuser und Straßen abfilmen. Eine Messeinheit aus mehreren Sensoren und GPS-Empfängern erfasst stetig die exakte Position der Kameras. Die "Streetside"-Bilder werden nach und nach in den Kartendienst "Bing Maps" eingestellt.

Wann werden die ersten Städte im Internet zu sehen sein?

Die ersten Panoramafotos sollen laut Microsoft ab dem Spätsommer im Internet verfügbar sein.

(RP)
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