Umstrittener Straßenfoto-Dienst Wie das Ausland Street View sieht

(RP). In Ländern wie Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich und den USA bietet Google bereits seit Jahren seinen in Deutschland umstrittenen Straßenfoto-Dienst an. Es gab zwar Kritik, ein vergleichbarer Proteststurm blieb aber aus.

Was Sie über Google Street View wissen müssen
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Foto: AP

Die Aufnahme aus Worcester zeigt ein barfüßiges Mädchen, das auf dem Bürgersteig liegt. Die zehnjährige Azura Beebeejaun spielte "toter Mann", als 2009 ein Google-Street-View-Auto an ihrem Haus vorbeifuhr. Fast ein Jahr später sorgte dieser harmlose Scherz für Aufregung in Großbritannien, als jemand das Bild im Internet sah und die Polizei wegen der angeblichen Kinderleiche alarmierte.

Inzwischen regt sich im Königreich niemand mehr über Street View auf: 17 Monate nach Beginn der fast lückenlosen Foto-Erfassung erregen die rollenden Kameras bei den Briten weniger Aufsehen als die fahrenden Eiscreme-Verkäufer. Google hat sich vorgenommen, 95 Prozent des britischen Straßennetzes zu fotografieren, das sind rund 400 000 Kilometer. Zurzeit läuft auf der Insel die zweite Phase des Street-View-Projekts an.

Ebenfalls zum zweiten Mal fahren die Google-Fahrzeuge inzwischen durch Amsterdam. Im Gegensatz zur ersten Tour soll dieses Mal auch das Rotlichtviertel "de Wallen" der niederländischen Hauptstadt abgebildet werden. Dass es beim ersten Durchgang ignoriert wurden, hatte nichts mit den Prostituierten oder ihren Kunden zu tun: die Transporter, auf denen die Google-Kameras angebracht wurden, waren schlicht zu breit.

Als Street View im März vergangenen Jahres erstmals die Straßenbilder aus Amsterdam veröffentlichte, gab es nur geringen Widerstand — in manch schmalen Straßen war es möglich, bis in die Wohnzimmer der Häuser zu zoomen. Mit dem Problem gehen unsere Nachbarn pragmatisch um: Sie machen vor der zweiten Tour einfach die Vorhänge zu.

Auch die Franzosen zeigen sich im Umgang mit Googles Foto-Dienst eher unaufgeregt. Seit Ende 2009 lassen sich fast alle französischen Großstädte virtuell besichtigen. Einschränkungen gibt es für die Kamera-Wagen des Internetriesen praktisch keine, seit Google die 2008 erlassenen EU-Vorschriften befolgt und sämtliche Gesichter sowie Kfz-Kennzeichen auf den Fotos automatisch unkenntlich macht.

Gepixelt sind im wesentlichen nur sensible Gebäude wie etwa militärische Anlagen oder bestimmte Behörden. Inzwischen schickt sich sogar Frankreichs Nationales Geografisches Institut (IGN) an, Google Street View Konkurrenz zu machen. Das neue Angebot zeichne sich durch "extrem präzise Bilder" aus, warb die Behörde.

In den USA vermeldet Google die Street-View-Expansion gerne im selben Erfolgston, mit dem McDonald's einst die flächendeckende Ausweitung seines Imbissbudennetzes feierte: "Jetzt ist auch Birmingham, Alabama, erfasst." Mittlerweile sind große Teile der USA straßenfototechnisch erschlossen. Selbst Naturschönheiten wie den Turm des Teufels, einen eindrucksvollen Felsenkoloss in Wyoming, kann man dank Street View genauer studieren. Manche Behörden bedienen sich des Dienstes, um zu prüfen, ob jemand einen Anbau ohne Genehmigung ans Haus setzte, oder ob einer widerrechtlich Schrottautos hortet. Der Widerstand hält sich in Grenzen, die Praxis hat sich eingebürgert.

(RP)
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