Polizei-Computer im Visier Was hinter den Hacker-Attacken steckt

Düsseldorf (RP). Computerhacker kommen an geheime Daten der Ermittlungsbehörden heran. Wie gehen die Datendiebe vor? Welche politischen Ziele verfolgen die Saboteure?

Die Hacker der Gruppe "No Name Crew" sind offensichtlich in das Computersystem der Bundespolizei eingedrungen. Nun drohen sie alle gesammelten Daten zu veröffentlichen. Die Ermittlungsbehörden in NRW nehmen die Drohungen ernst.

Nach ihrem Angriff auf das Ortungssystem "Patras" stellten die Hacker Teile des Kommunikationsplans der Bundespolizeidirektion ins Internet. Darin sind Telefonnummern und E-Mail-Adressen von staatlichen Dienststellen aufgelistet. Der Plan trug die erste Geheimhaltungsstufe "VS — Nur für den Dienstgebrauch".

Wie lief der Angriff ab?

Die "No Name Crew" hat nach eigenen Aussagen auf ihrer mittlerweile gesperrten Homepage eine zentrale Stelle infiziert, über den das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und der Zoll Programm-Aktualisierungen herunterladen. Mit jeder heruntergeladenen Datei wurde ein sogenannter Trojaner auf den einzelnen Netzwerkrechnern installiert. Trojaner sind kleine Programme, die sich in unverdächtigen Daten verstecken. Auf einem Rechner können sie den Virenscanner ausschalten, um unentdeckt zu bleiben. Anschließend sammeln sie Daten oder Passwörter und senden sie wieder versteckt beispielsweise mit jeder E-Mail an einen Empfänger.

Wie tarnen sich die Hacker?

Der Empfänger muss nicht der eigentliche Hacker sein, sondern ein ebenfalls infizierter Rechner. Der leitet die Daten dann erneut weiter, um die Spuren zu verwischen. Dabei nutzen die Hacker die größte Schwachstelle — die Datenverbindung ins Internet. Allerdings sei das Polizei-Netzwerk, "was den IT-Kram angeht, echt schlampig", schrieben die Hacker in einem Chat mit dem österreichischen Onlineportal gulli.com.

Sind alle Hacker begabte Programmierer?

Nicht unbedingt. Die Hacker-Szene tauscht sich weltweit übers Internet aus. Teilweise werden nach einem Baukasten-Prinzip verschiedene Programme, Computer-Viren und Trojaner angeboten und ausgetauscht, die dann von den Hackergruppen für ihre Zwecke verfeinert oder weiter angepasst werden.

Was wollen die Hacker eigentlich?

Jeder öffentliche Erfolg "motiviert böswillige Hacker immer öfters zu neuen Angriffen — sowohl um das szeneinterne Ansehen zu verbessern, als auch um politische Ziele zu verfolgen", sagt Stefan Ortloff, Analyst beim IT-Sicherheitsdienstleister Kaspersky Lab. Gerade die "No Name Crew" beruft sich dabei zumindest indirekt auf die Anfänge der Hackerbewegung vor 25 Jahren: 1986 schrieb der US-Hacker Loyd Blankenship nach seiner Verhaftung ein anarchistisches Manifest, das bis heute als Grundlage für die Bewegung gilt. Darin kritisiert Blankenship alle Gruppierungen, die durch Kontrolle der Information ihre Macht erhalten wollen. Das ist auch der Hintergrund der "No Name Crew", die ihre Angriffe als Widerstand gegen einen Überwachungsstaat verstehen — weil aus ihrer Sicht in einer Demokratie keine Information geheim sein sollte.

Wie ist die Polizei gerüstet?

Gegen die Kriminalität im Internet ist die Polizei schlecht aufgestellt. "Externe Spezialisten, die dringend benötigt würden, sind nicht bereit, sich mit dem Beamtentarif zufrieden zu geben", sagt Wilfried Albishausen, Vorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter in Nordrhein-Westfalen. "Die Politik muss die Voraussetzungen für eine bessere Bezahlung schaffen. Aber sie ist noch nicht in der digitalen Welt angekommen."

(RP)
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