Urteil mit Auswirkungen auf ganz Europa Verstoßen Facebook-Fanseiten gegen den Datenschutz?

Schleswig · Diese Frage will das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht beantworten. Geklagt haben drei Unternehmen. Sie wehren sich gegen Verfügungen des Datenschützers Thilo Weichert - einem erklärten Facebook-Gegner.

 Der schleswig-holsteinische Datenschützer Thilo Weichert gibt vor der Verhandlung in Schleswig ein Interview.

Der schleswig-holsteinische Datenschützer Thilo Weichert gibt vor der Verhandlung in Schleswig ein Interview.

Foto: dpa, Carsten Rehder

Das Verwaltungsgericht in Schleswig verhandelt am Mittwoch über drei Klagen von Unternehmen gegen Anordnungen des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD).

In dem Verfahren geht es um die Frage, ob ULD-Chef Thilo Weichert den Unternehmen in Schleswig-Holstein untersagen lassen kann, Dienste von Facebook zu nutzen. Im November 2011 hatte das ULD verfügt, dass die Unternehmen ihre Fanseiten auf Facebook deaktivieren sollen. Anderenfalls drohten bis zu 50.000 Euro Bußgeld.

Die Schleswiger Richter müssen nach Ansicht des ULD klären, ob und inwieweit Stellen in Deutschland, die Fanseiten nutzen, für die durch Facebook praktizierte Datenverarbeitung mit verantwortlich gemacht werden können.

Die Datenschützer monieren, Facebook erhebe von den Nutzern der Seite für Werbezwecke persönliche Daten und erstelle Nutzungsprofile, ohne dabei maßgebliche Vorschriften des Datenschutzrechts zu beachten. Dafür seien die Unternehmen mitverantwortlich.

Auf allen Ebenen gegen den "Gefällt mir"-Button

Laut Weichert wird beim Betrieb entsprechender Fanpages gegen das Bundesdatenschutzgesetz und das Telemediengesetz verstoßen. "Wenn den Unternehmen in Schleswig-Holstein untersagt wird, Fanseiten bei Facebook zu betreiben, dann hätte das Auswirkungen auf ganz Europa", sagte Weichert der dpa. Dies müsse europaweit gleich behandelt werden.

Weichert gilt unter den Datenschutz-Beauftragten als der entschiedenste Gegner von Facebook, der auf allen Ebenen gegen den "Gefällt mir"-Button kämpft.

Die klagenden Unternehmen, die sich gegen die Weichert-Anordnungen wehren, argumentieren, es handele sich nicht um personenbezogene Daten. Außerdem könne die Datenerhebung durch Facebook ihnen nicht zugerechnet werden.

"Es kann nicht sein, dass Unternehmen in Hamburg oder Niedersachsen hochinteressante Vertriebskanäle wie Facebook für sich nutzen können, schleswig-holsteinische Unternehmen aber von dieser Entwicklung abgeschnitten werden sollen", kritisierte der Rechtsexperte der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schleswig- Holstein, Marcus Schween. Die Wirtschaftsakademie der IHK ist eines der klagenden Unternehmen.

Die Auffassung der Unternehmen aus Schleswig-Holstein vertritt dem Gericht zufolge auch die als Beigeladene am Verfahren beteiligte Facebook Ireland Ltd. Die Niederlassung von Facebook in Irland ist für die Datenverarbeitung des sozialen Netzwerks in der Europäischen Union zuständig.

(dpa)
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