Rolf Schwartmann im Interview "Urheberrecht ist Anker der Kultur"

Düsseldorf · Der Kölner Professor für Medienrecht Rolf Schwartmann ist Mit-Begründer der Initiative "enGAGE!". Sie will Bewusstsein für den Wert geistigen Eigentums schaffen. Im Gespräch mit unserer Redaktion spricht er über das Urheberrecht und wie Internetnutzer damit umgehen.

 Rolf Schwartmann ist Professor für Medienrecht in Köln.

Rolf Schwartmann ist Professor für Medienrecht in Köln.

Foto: Markus Lokai

Warum ist Urheberrecht wichtig? Was passiert, wenn es abgeschafft oder ausgehöhlt wird?

Schwartmann Das hätte erhebliche Konsequenzen: Der rechtliche Anker unserer Kultur ginge verloren. Das Urheberrecht gibt Menschen die Möglichkeit und auch die Sicherheit, dass sie von ihrem schöpferischen Schaffen auch leben können. Aus meiner Sicht ist das ein hohes Gut unserer Gesellschaft.

Es geht also nicht allein um die Frage, ob ich für etwas bezahlen muss?

Schwartmann Nein, es geht um mehr: den Erhalt einer ganzen Kulturtechnik. Wir haben damit begonnen, Nachhaltigkeit durch Flüchtigkeit zu ersetzen. Wir freuen uns, wenn wir etwas kurz verwerten können, ohne die Auswirkungen zu bedenken. Das Internet und die Generation der Smartphones verändern unser Leben und unser Wissen radikal. Ein Beispiel, das jeder kennt: Wir merken uns keine Telefonnummern mehr. Es gibt Experten, die vermuten, dass Kinder bald nicht mehr richtig schreiben und formulieren können.

Und das Urheberrecht kann das verhindern?

Schwartmann Nein, aber die Achtung des Urheberrechts im Netz ist ein Beispiel für einen oft unbedachten Umgang mit fremdem geistigen Eigentum. Wir müssen darüber reden, welche Veränderungen wir zulassen wollen. Das ist der Gedanke von "enGAGE!". Am Ende soll keiner sagen, er hätten den Zusammenhang vom Austrocknen der kulturellen Vielfalt und Urheberrechtsverletzungen nicht gesehen. Den Zusammenhang will "enGAGE!" erklären.

Illegale Downloads gehören im Internet zum Alltag. Wäre es nicht an der Zeit die Gesetze modernen Anforderungen anzupassen?

Schwartmann Nein, sonst könnte man auch Steuerhinterziehung im niedrigen Umfang legalisieren, weil das viele Menschen machen. Auch Geschwindigkeitsbeschränkungen müssten abgeschafft werden, wenn sich ohnehin niemand daran hält.

Den Internet-Nutzern fehlt oft Unrechtsbewusstsein. Sie konsumieren doch nur.

Schwartmann Das Eigentumsrecht kann nicht vom Nutzer des Eigentums definiert werden. Sonst kann Ihnen auch jemand Ihre Uhr wegnehmen mit der Begründung, dass er sie haben möchte.

Sind Ihre Beispiele nicht überzogen? Am Ende fehlen dem Staat Steuern und mir fehlt meine Uhr. Es heißt oft: Wer fremde Inhalte kostenlos nutzt, der nimmt niemanden etwas weg.

Schwartmann Das stimmt und dennoch begeht man durch nicht gestattetes Vervielfältigen einen Rechtsbruch. Der Film, den Sie im Kino sehen, ist hinterher auch nicht weg. Die Nutzung fremden geistigen Eigentums ohne Zustimmung des Berechtigten — etwa eines illegal konsumierten Filmes — nimmt dem Berechtigten die Möglichkeit, sein Recht zu verwerten. Das kann er nicht mehr gut verkaufen. Letztlich steht die wirtschaftliche Existenz der Kreativen auf dem Spiel.

Rainer Kurlemann führte das Interview

(RP/sap)
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